QUICKSILVER
Es war alles schon da: auf "On Floating Bodies"(Chemikal Underground/RTD) vom schottischen Duo CONQUERING ANIMAL SOUND wären sowohl der Herr wie die Dame gerne Björk. 3Und die St. Petersburger IAMTHEMORNING haben auf "~"(Beste!Unterhaltung/Broken Silence) in Sängerin Marjana Semkina eine Kate-Bush-Widergängerin gefunden. 3
Der Brite EXAMPLE hingegen mischt auf "The Evolution Of Man"(Embassy One) Disco und HipHop. 2
ANIKA versucht's auf ihrer EP (Stones Throw/Groove Attack) mit 4 Covers im 80er-ColdWave-Kleid (inkl. hysterischer Verzweiflung in der Stimme) und einigen genauso angezogenen Eigenkompositionen/Dub-Mixen. 3
JOALZ sind mit Anika befreundet, was man auf "Hello Darkness My Friend"(Many Scribes/RTD) auch hört (hier ist im DüsterWave etwas mehr Kraut und Voodoo). 3
War ich eingenickt? Könnte sein - aber SOLAR BEARS machen mit "Supermigration"(Planet Mu/Cargo) nicht wirklich wach: Freundlich blubbernde Instrumentalelektronik zu netten 80er Sounds. 3
MISTER LIES serviert auf "Mowgli"(Lefse Rec.) freundlich blubbernde Instrumentalelektronik zu netten 80er, nein!, zu netten breakbeats. 3
Die belgischen SOLDOUT haben mit "More"(Flatcat/RTD) ein durchaus akzeptables Stück ElektroPop am Start: die Sängerin ist gut und das artwork auch. 4
Wie Soldout treten auch die Schweizer Gächter/Wüst als Duo an, nennen sich verwirrend PEDRO LEHMANN und präsentieren auf "Lost Control"(Lehmann Rec.) faszinierende SchwermutSongs. Das Album wächst mit jedem Hören, das Songwriting erreicht beinahe Cave'sche DüsterKraft, nur gesanglich siedeln sie (noch?) zu dicht an bärtigen NeoFolkies. 4
Auch Cico Beck (MS. John Soda) und Nico Sierig (Missent To Denmark) wählten als JOASHINO die 2er-Variante. Die Kraft ihrer edlen Herkunft durchweht "A Lie"(Alien Transistor/Indigo) in jeder Note, obwohl sich in diesem eigenartigen AvantPop gar keine konkreten Verwandtschaften zu den Mutterschiffen ausmachen lassen. 4
IndiePop im besten Sinne spielen CARGO CITY auf "Talking To Myself"(Rebecca&Nathan/Intergroove),jedoch in nicht in der JangleVariante, sondern als gebremste ZuhörFassung (die manchmal gar an die göttlichen Young Marble Giants erinnert) mit feinem Boy/Girl-Gesang. 3
BADEN-BADEN kommen gar nicht aus Baden, sondern aus Paris, was man dem sauber produzierten, manchmal etwas überladenen Pop auf "Coline"(Naïve/Indigo) aber nicht immer anmerkt. Mit trompetenden Balladen wie "Anyone" und teilweise französischem Gesang entwickeln sie aber durchaus Potential. 3
Auch gut poliert, für meinen Geschmack jedoch zu glatt ist IRMAs "Letter To The Lord"(My Major Company/Universal). Aber SoulPop, der in Frankreich in 2 Jahren zu Platin wurde, wird wohl auch in Dland Käufer finden. 2
Da lieber den Mick Jagger des Rai: RACHID TAHA legt mit "Zoom"(Naïve/Indigo) ein neues Album vor - kraftvoller WüstenBlues(Rock), der als "Algerian Tango" sogar mit Reggae/Dub schäkert. 4
Enttäuschend hingegen die neue CD von den viel gelobten New Yorker BanghraBrass-Schweißtreibern RED BARAAT. "Shruggy Ji"(Sinj/Jaro) zitiert ziemlich lustlos das letzte Album "Chaal Baby", tanzen kann man trotzdem dazu. 2
Da ist die eigenwillige WeltMischung von ANNULUKs Debut "Ushna"(Kick The Flame/Broken Silence) spannender. Die Shrutibox schnarrt dahin, die charismatische Sängerin erkundet alles zwischen Seidenstraße und TripHop und überhaupt gehen hier Groove und Archaik traut nebeneinander. 4
Meditativer, manchmal aber gar zu esoterisch gehen CHRISTIAN ZEHNDER und GREGOR HILBE auf "Oloid"(Traumton/Indigo) die Sache an. Obertongesang, Mundorgeln und zarte Streich(l)e(r) von Cello oder Weinglasrand tranzendieren hier die Realität. 2
CHRISTINA PLUHAR hingegen setzt für ihr so umfassendes wie gut besetztes Projekt "Mediterraneo"(Virgin/Sony) auf Zugänglichkeit und Studiosus-Urlaubsgefühle. Mit ihren Begleitern von L'Arpeggiata und Sänger(inne)n wie Mísia, Katerina Papadopoulou oder Vincenzo Capezzuto reist sie mit ihrer romantischen Harfe einmal die mediterrane Nordküste entlang. 4
Wer das mag, könnte auch den an Jarrett angelehnten PianoJazz auf "In Concert"(Skip/Soulfood) vom TINGVALL TRIO probieren. Emotional und doch voller Tiefe. 3
Etwas strenger in der Wahl der Mittel, aber ebenfalls voller Gefühl ist "Un cœur simple" vom großen STEPHAN MATHIEU. Der Saarländer ließ sich von Flauberts Erzählung inspirieren und schrieb für eine Theateradaption diese ruhig dahinfließende ElektroMusik, deren StörAnteil vor'm Einschlafen schützt. 4
Labelmate MATHIAS DELPLANQUE arbeitet auf "Chutes"(beide Baskaru) auch mit schwebenden Sounds, die aber durch vielfältige Einschübe von Kratzen, Klopfen und Brummen zerklüftet werden. Aus realen und synthetischen Klängen entsteht ein komplexes Bild, das sich immer neu erforschen lässt. 4
Rein auf die Kraft der Schaltkreise vertraut PIXEL, der auf "Mantle"(raster-noton) einmal mehr die asketische Strenge reduzierter Soundfetzen mit durchdachter Rhythmik zu einem stolprig groovenden Stück schmutzfreier AvantElectronica verknüpft. 5
Ganz anders ging James McNew (Yo La Tengo) vor 20 Jahren an sein Soloprojekt DUMP. Zwischen "Moon River"-Schmalzgitarre und Joy-Division-Riff fanden sich auf dem coverversionenreichen Debut "Superpowerless" jede Menge 4-Spur-LoFi-Schätzchen und prä-NeoFolkiger Antigesang. Mit der nun ebenfalls um etliche Bonüsse bereichert wiederveröffentlichten 95er CD "I Can Hear Music" (auf der sich die wunderbare E-Gitarren-Orgie "Zusaan Says" findet) führte er diese Ideen weiter bzw. zurück zum LoFi-RockSong. 3/4
Wie sich solche Vorstellungen anno 2013 materialisieren, zeigt "Dormarion"(alle Morr/Indigo) von TELEKINESIS. Ob Lagerfeuerromanze (Dark To Light) oder Riffkracher (Ever True) - Gitarrenmusik kann auch heute durchaus spannend sein. 4
Auch das skurill-legendäre "Home Taping Is Killing Music"-Album von A.K. KLOSOWSKI und PYROLATOR aus dem Jahr 1985 wurde wieder ausgegraben. Das Teil ist deutlich Dahlkes Brontologic-Klangdesign verpflichtet, wurde aber von dem gelernten Bluesgitarristen und begabten Tapeloop-Bastler A.K.K. mit etwas stärkeren Psychedelic/Krautrock-Ausformungen garniert. Einige der Bonustracks weisen gar ins neue Jahrtausend (DubStep?). 4
Da gefällt dann auch "Lead"(beide Bureau B/Indigo) vom Kreidler-Trommler Thomas Klein aka. SØLYST. Wo der opener noch DAFsche Sequenzerstrenge atmet, wird die kraftvolle Monotonie schnell durch komplexe Beatkonstruktionen aufgelöst, um seltsame Zwitschersounds ergänzt (Kristall) und immer neu durchdacht. Akustische drums und ElektroSounds verstehen einander bestens. 4
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