Als auf der diesjährigen „Halderner Landpartie“ der interessierten Journaille das Line-Up des Halderner Pop-Festivals bekannt gegeben wurde, tauchte der Name Patrick Watson zum ersten Mal auf: Im fernen Kanada haben die Talentscouts des Festivals einen Act aufgetan, der nicht nur ein bisschen verrückt, sondern vor allen Dingen auf der Bühne eine wahre Offenbarung sein solle.
Nun, solcherlei Versprechungen ist man ja gewohnt, doch die Skepsis war überflüssig: Patrick Watson - das ist zugleich eine real existierende Person, wie auch eine Band - zeigten beim anschließenden Showcase dem verdatterten Publikum wirklich mal, was man alles erreichen kann, wenn man nur alle Hemmungen fahren lässt, beim Auftritt bedenkenlos aus sich herausgeht und zwischen Klassik. Jazz, Rock, Blues, Soul und bloßem Krach so ziemlich nichts auslässt, was sich nicht wehrt. So weit, so gut: Nun liegt mit „Close To Paradise“ die Debüt-CD von Patrick Watson vor - und die ist ganz anders als die Konzerte. Nicht weniger intensiv, aber längst nicht so extrem, dafür aber komplexer, dramatischer, psychedelischer und vielschichtiger. Das hat aber alles seinen Grund, wie uns Patrick Watson - die Person - erklärt. Schließlich sei eine Studio-Aufnahme ganz etwas anderes als eine Live-Show.„Wenn man eine Aufnahme mischt, ist das fast, als schreibe man eine Orchesterpartitur“, erklärt Patrick den Prozess, „es ist auch so, dass die Atmosphäre eines Raumes sehr wichtig ist, und wie und wo man die Mikrophone platziert. Das sind alles Dynamiken, die nichts mit Live spielen zu tun haben, aber sehr ähnlich den Charakteristika eines Instrumentes sind. Wenn ich Hall auf meine Stimme packe oder Delay auf die Gitarre, dann ändert das die Charakteristik des Sounds wie ein Instrument. Jedes Studio hat dabei seine eigene Charakteristik und auch jede Epoche. Wenn Du z.B. in den Motown Studios heute mit den gleichen Instrumenten wie in den 60s aufnähmest, würde es dennoch anders klingen. Das hat schon etwas Spirituelles - auch wenn sich das komisch anhört. Es ist aber so. Man muss das wissen und bedenken, wenn man Scheiben aufnimmt. Diese Scheibe ist also eine Momentaufnahme von verschiedenen Zeiten und Orten, denn wir haben in kleinen Kirchen, in Wohnzimmern, in Kellern und sonstwo aufgenommen.“
Das übrigens aus gutem Grund: Patricks Musik ist so eklektisch und einzigartig, dass sich zunächst kein Label bereit fand, das Wagnis einzugehen, den offensichtlich anspruchsvollen Künstler aufzunehmen. Die CD produzierten er und seine Kumpels deswegen in Eigenregie und mit eigenen Mitteln. Was ist denn das Problem für Musiker wie Patrick Watson?
„Ich denke, dass Musik heutzutage einfach falsch gehandhabt wird“, erklärt Patrick, „damit meine ich, wie die Medien und die Industrie Musik und Bands präsentieren. Ich denke, meistens wird alles falsch verstanden. Das tötet die Musik eher als das es sie fördert.“
Wo könnte denn der Ausweg liegen?
„Man sollte weniger Energie darauf verwenden, zu versuchen, Stars zu kreieren und Musik zu vermarkten, sondern lieber Musik zelebrieren“, meint Patrick fast verbittert, „man will heutzutage keine Acts mehr, die sich entwickeln. Und das ist schade. Ich denke nämlich, dass die Leute sehr viel mehr an guter Musik interessiert wären, wenn sie sie nur angeboten bekämen. Es heißt immer, dass die Leute dies und jenes nicht hören wollen. In meiner Erfahrung ist es aber so, dass die Leute auch die seltsamste Art vom Musik wertzuschätzen wissen, wenn sie spüren, dass Du sie mit ihnen teilen möchtest.“
Und das ist genau der Eindruck, der sich bei einem Patrick Watson Konzert vermittelt, wo sich das Erstaunen der Zuhörer in den Gesichtern widerspiegelt. Wer weiß: Vielleicht ist Patrick Watson einfach seiner Zeit voraus?
Aktuelles Album: Close To Paradise (V2)