Wer das Punk-Trio aus Süddeutschland noch mit dem Namenszusatz ´Poopzkid´ vermutet, liegt richtig: Im 17 Jahr des Bandbestehens musste das kleine Kack-Anhängsel weichen und befreit damit nicht nur von einem im Fan-Jargon eh ungebräuchlichen Wort, sondern auch von einem Stigma. Denn was dem Namen nach zu urteilen ein alberner Funpunk-Haufen zu sein schien, ist schon seit langer Zeit ein ernstzunehmender Pop-Punk-Act, der uns nun mit ´All We Know´ ein abwechslungsreiches wie hochwertiges Album kredenzt. Höchste Zeit, bei Panzer, Sibbi und Max ein paar Fragen zu platzieren.
Die Frage muss als erstes kommen: Nach so langer Zeit und vielen Erfolgen tretet ihr unter neuem Namen an – eine Entscheidung, die euch schwer fiel? Oder gar einfach das nächste Kapitel eurer Erfolgsgeschichte mit dem Titel „Eine Band wird erwachsen“?Panzer: „Um ehrlich zu sein ging uns unser alter Bandname schon seit vielen Jahren auf den Zeiger. Als wir uns den ausgesucht hatten, waren wir eben noch extrem jung und haben damals auch nicht daran gedacht, dass wir 16 Jahre später vielleicht immer noch auf der Bühne stehen wollen. Konnte ja auch keiner ahnen. Mit dem Gedanken, den Namen zu ändern bzw. zu kürzen, haben wir also schon länger gespielt und diesmal haben wir es dann endlich durchgezogen. Ist natürlich jetzt schon eine kleine Umstellung für alle Beteiligten, aber eigentlich hatten uns eh schon immer alle ´Itchy´ gerufen, deshalb ist es halb so wild und wir sind echt mega froh, den Schritt endlich gemacht zu haben.“
Jetzt muss man aber auch sagen, dass ihr ja bisher nicht ´unseriöse´ Songs geschrieben habt – ihr wart ja nie eine alberne Klamauk-Band... aber man tut ja als Musiker auch immer was für sich und das, was einem selbst gut gefällt – legt ihr heute mehr Wert auf das „wie“ ihr wahrgenommen werdet?
Panzer: „Die Tatsache, dass unser alter Bandname eben etwas anderes vorgegeben hat, als dass was wir tatsächlich gemacht haben, war einer der Hauptgründe sich umzubenennen. Das klang eben immer irgendwie nach Fun-Punk-Band und eigentlich waren wir das nie. Wir schreiben schon seit vielen Jahren unter anderem Songs mit gesellschaftskritischen und politischen Inhalten, zusätzlich arbeiten wir mit einigen tollen NGO´s zusammen und engagieren uns für Umweltschutz und gegen Rassismus. Das alles ist dann einfach etwas einfacher, wenn der Name nicht mehr nach Klamauk-Band klingt. Außendarstellungsmäßig versuchen wir aber einfach genau so zu sein wie wir eben sind. Auf der Bühne reden wir zwischen den Songs immer noch den gleichen Mist wie früher, stolpern über unsere Kabel und vergessen ab und zu die eigenen Texte. Trotzdem geht’s bei Punkrock eben halt um mehr, als nur eine gute Zeit zu haben – das hört man dann auch auf unserer neuen Platte.“
Wie schafft man es eigentlich, immer so entspannt und locker zu wirken, wie ihr es durchweg auf allen 15 Songs des neuen Albums tut. Wir sprechen doch über harte Arbeit, oder?
Sibbi: „Ein Bergmann arbeitet hart. Eine Krankenpflegerin arbeitet hart. Wir machen Musik. Das muss man mal klarstellen. Klar ist es teilweise wirklich sehr stressig und nervenaufreibend und es gibt vor allem in Hochphasen auch unfassbar viel zu tun, aber da es für uns im Leben nichts besseres gibt als eine Band zu haben, fühlt es sich für uns nie wirklich nach „Arbeit“ an. Wir sind da schon sehr dankbar für und wissen das alles echt zu schätzen.“
Der erste Album-Vorbote ´Nothing´ hat neben der starken Rhythmik auch videotechnisch schon etwas geschockt – so eine liebe Band und dann solche Gewaltausbrüche. Wie kam es zu der Idee, Foltermethoden zu verbildlichen?
Sibbi: „Ich hab immer noch ein Trauma von diesem Videodreh. Das muss Panzer erzählen.“
Panzer: „Im Songtext zu ´Nothing´ geht es um die unzähligen gutgemeinten Tipps, fragwürdigen Lebensweisheiten und zweifelhaften Ratschläge, die man im Laufe seines Lebens von allen Seiten so zu hören bekommt. Da sich eben diese auf Dauer tatsächlich wie eine Folter anfühlen können, dachten wir, wir versuchen das Ganze mal in einem Foltervideo zu verbildlichen. Für uns war das spannend, weil wir so ein Horrorvideo noch nie gemacht hatten und auch wenn die Szenen im Video teilweise echt fies und brutal aussehen, hatten wir beim hantieren mit Kunstblut, Fake-Fingernägeln und Pseudeo-Waterboarding echt großen Spaß. Also zumindest Max und ich, weil Sibbi ja der einzige war, der gefoltert wurde.“
Dagegen klingt ´Fall Apart´ schon wesentlich gefälliger – im besten Sinne, natürlich. Und irgendwie vertraut Radio-kompatibel. Verfolgt ihr die aktuellen Pop-Sounds und das Songwriting der großen Stars und Sternchen? Ich persönlich bin ja immer erstaunt, wie gut manche Songs von Katy Perry und Co. Sind, wenn man sich mal die Hülle wegdenkt.
Panzer: „In meiner Schallplattensammlung zuhause findet man Katy Perry und so weiter jetzt nicht grade wieder, aber wir hören alle drei ziemlich vielschichtig Musik und befassen uns auch ganz bewusst mit Künstlern aus anderen Genres, um uns inspirieren zu lassen. Sibbi hört eh alles von Michael Jackson bis Queen und macht ja noch nichtmal vor dem Kauf von Mariah Carey-CDs halt. Manchmal schäm ich mich sogar ein bisschen für ihn. Aber sagt ihm das bitte nicht.“
Nach drei Alben in Eigenregie jetzt doch wieder der Schritt zu einem Label – habt ihr in den Jahren was vermisst oder ist dieser vermeintliche Rückschritt ein klarer Fortschritt?
Sibbi: „Wir hatten eigentlich überhaupt keinen Grund unserem eigenen Label den Rücken zuzudrehen, weil alles wirklich super lief. Es kam nur so, dass wir mit den Jungs von Nuclear Blast, zu denen unser Label Arising Empire gehört, sehr gut befreundet sind, sie nur 10km entfernt von unserer Heimatstadt Eislingen das größte Metal-Label der Welt leiten und wir so beim gemeinsamen feiern mal gesagt haben: ´Es wäre doch eigentlich dumm, wenn man nicht mal etwas zusammen macht´. Und genau das machen wir jetzt. Sie haben natürlich viele Kontakte überall hin, auch ins Ausland, was uns sehr reizt und wir freuen uns darauf. Was nicht heißt, dass wir jetzt alle Arbeit abgeben. Im Gegenteil. Zum einen arbeiten wir und unser engstes Team immer noch genau so hart an allem, zum anderen sind unsere bisherigen sechs Album und unser Buch immer noch bei unserem Label Findaway Records untergebracht. Wir würden doch niemals das Wort ´Plattenfirmen-Mogul´ von unseren Visitenkarten streichen (lacht).“
Aktuelles Album: All We Know (Arising Empire / Nuclear Blast)
Foto: Ilkay Karakurt