Selbst Freunde des Songwriter-Genres müssen den Namen Juanita Stein wohl erst mal googeln. Und zwar deswegen, weil Juanita bislang – in einem ganz anderen Setting – als Frontfrau der in London ansässigen, australischen Band Howling Bells tätig war. Mit dem Album ´America´ tritt Juanita nun zum ersten Mal als Solo-Künstlerin in Erscheinung – und ändert hier die musikalische Zielrichtung ziemlich radikal.
Denn während die Howling Bells eine Art düsteren, kryptischen Teenage-Angst-Rock mit Art-, New Wave-, Folk-, und Prog-Elementen verfochten, liefert Juanita auf ihrem Album ein durchaus vielschichtiges und kritisches musikalisches Porträt der USA – und zwar im Country-Setting – einem Genre das bei den Howling Bells keine Rolle spielte. Wie kam es dazu?„Nun, ich fühle mich an diesem Punkt in meinem Leben hauptsächlich der klassischen – und einiger der neueren Country- und Americana-Musik verbunden“, meint Juanita, „dabei versuchte ich gar nicht, die Songs in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ich denke, dass es einfach ein Ausdruck meiner multikulturellen Beeinflussung ist, dass die Songs so klingen, wie sie es tun.“
Was ist denn dabei die Herausforderung als Songwriterin, wenn man sich in einem an sich so klar definierten Genre bewegt?
„Nun, ich glaube, dass, wenn man – wie ich – seine Zehen in ein neues Genre stippt, man zunächst mal das Problem hat, dass man den Leuten erst mal beweisen muss, dass man das Ganze auch ernst nimmt. Dabei habe ich mich niemals bewusst hingesetzt und mir gesagt, dass ich eine Country-Scheibe machen wollte. Ich denke einfach, dass diese Scheibe ein besonders aufrichtiges Resultat dessen ist, wo ich mich in meinem Leben gerade befinde. Ich bin immerhin in einer sehr musikalischen Familie aufgewachsen – mit einem Vater, der selber Country und Blues Musik mag. Für mich hat sich das also recht natürlich angefühlt. Alle Leute haben ihre eigene Geschichte. Deswegen würde ich sagen, dass die Herausforderung darin besteht, möglichst viele Leute kennenzulernen und deren Geschichten – und was sie denken - zu erfahren. Und man muss fühlen, woher man kommt.“
Unter der Regie des Produzenten Gus Seyffert – der auch für das eklektische Dream-Pop-Sound-Design zuständig war, entstand so eine Scheibe, die die Tugenden der Country-Musik mit Juanitas ganz eigenem Stil verbindet. Schon bei den Howling Bells Scheiben wurde hin und wieder eine Art von Ästhetik assoziiert, wie sie zum Beispiel David Lynch in seinen Filmen implementiert – eine Art von undurchsichtiger Unwirklichkeit, die zwischen Traum und Wachsein changiert. Das trifft in verstärktem Maße auch auf Juanitas Solo-Songs zu.
„Also wenn Du damit meinst, dass das neue Album auf eine filmische Art atmosphärisch ist, dann würde ich Dir total zustimmen“, erklärt Juanita. Dazu gehört auch, dass das neue Werk – zumindest inhaltlich und ein wenig auch musikalisch – ziemlich düster ausgefallen ist.
„Das liegt daran, dass ich mich schon immer zu den eher düsteren, zwielichtigen Charaktern hingezogen fühle – und auch interessanten Filmen dieser Art. Wenn ich da aber 'düster' sage, dann meine ich das nicht unbedingt negativ. Ich meine damit jene innere Düsternis, die gewissen Charakteren oder Filmen innewohnt. Bei Filmen meine ich damit zum Beispiel solche, die Dich zum Nachdenken bewegen.“
Bedeutet dieses Projekt, dass die es die Howling Bells nicht mehr gibt?
„Sagen wir mal so: Wir haben das Auto erst mal geparkt“, meint Juanita lächelnd, „wir haben alle in unseren Leben Dinge am Laufen, die momentan Vorrang haben. Für mich ist es meine Familie und dieses Solo-Projekt, in das ich all meine Energie stecken möchte.“
So gesehen, ist Juanita Stein ein Solo-Album gelungen, dass als solches in jeder Beziehung Sinn macht.
Aktuelles Album: America (Nude Records)