Bin ich auf Drogen oder ist Hippiezeit mit Macht zurückgekehrt? Farbig, pastellig fängt das Cover vor mir an zu leben. Aus dem Farbenmeer erwachen Ungeheuer und Gespenster. Sie greifen nach mir. Das Cover klappt auf. Nach links. Nach rechts. Nach oben. Nach unten. Wilde, wirre Bilder. Immer mehr. Nicht vergessen werden sollte, das es sich hier um ein CD-Cover handelt. Nicht etwa um ein Kunstbuch. Da ist also auch Musik drin. Ordentlich Musik. Die stammt von Portugal. The Man und trägt den Titel „The Satanic Satanist.“
Ursprünglich kommt die Truppe aus Alaska und ist bekannt dafür, dass sie so um die 300 Shows im Jahr spielt. Schwerstarbeiter? Spinner? Oder haben die einfach kein Zuhause? Wann nehmen Portugal. The Man eigentlich ihre Platten auf? Und gibt es Gott wirklich? Quatsch. Die Frage ist aus einer komplett anderen Geschichte. Gestrichen. Ein eigenes Universum haben Portugal. The Man allerdings auch geschaffen. Dorthin lässt sich Franz X.A. Zipperer für westzeit entführen. Der geistige und auch sonstige Führer ist Gitarrist, Sänger und Texter John Baldwin Gourley.Was ist das eigentlich für eine seltsame Combo, die du da anführst?
„Na auf jeden Fall haben alle von uns zu viele und zu verschiedene Ideen. Deshalb ist es ja auch so schwierig, uns als Rock-Punk-Pop-Band zu identifizieren. Wir werden sofort anders, wenn man glaubt, uns greifen zu können.“
Lass uns gleich zu Beginn mal die Cover-Kunst abhandeln.
„Klar, dass sich darauf zuerst die Aufmerksamkeit richtet. Aber wir waren einfach leid, ganz normal aussehende CDs auf den Markt zu werfen. Das also, was jeder macht. Es sollte kein übliches Plastikprodukt sein und ein Booklet fanden wir diesmal auch doof. Wir haben unseren Grafikerfreund Austin Sellers einen klassischen Farbkasten mit Wasserfarben in die Hand gedrückt. So einen, wie wir ihn noch aus ollen Schulzeiten kennen. Zum Schluss wurde mächtig rumgeschnippelt und fertig war das Wunderwerk. Und statt des Booklets, findet sich ein kleines Poster.“
Auch was die Musik betrifft, gibt es Neuerungen ohne Ende. Magst du die mal auflisten?
„Zum ersten Mal haben wir an den Stücken gearbeitet, bevor wir ins Studio gingen. Für unsere Verhältnisse sogar bereits lange vorher. Noch dazu haben wir uns und unsere Arbeit Fremdlingen anvertraut. Und auch noch Leuten wie Adam Taylor, Paul Q. Kolderie oder Anthony Saffery. Die hatten bereits mit Künstlern wie The Dresden Dolls, The Lemonheads, Pixies, Radiohead oder Cornershop gearbeitet. Bisher hatten nur enge Freunde Zutritt zur unserer Arbeit. Bei den Aufnahmen haben wir sehr genau auf das gehört, was sich das genannte Trio vorstellte. Im Nachhinein muss ich sagen, uns geht es richtig gut mit dem Ergebnis.“
Wie auch auf den Alben vorher, scheint es erneut rockgeschichtliche Referenzpunkte zu geben?
„Ich habe oft mit unserem Bassisten Zachary Scott Carothers darüber gefeixt, dass wir mal eine astreine Soulplatte machen sollten. So die ganzen Motown-Sachen. Mit Adam Taylor and Anthony Saffery and Paul Q. Kolderie hatten wir zudem echte Soulkenner als Produzenten zur Seite. Im Stück “Lovers in Love” ist deutlich zu hören, dass wir einen Groove eingesetzt haben, der auf die Blaxploitation-Tage von Isaac Hayes oder Curtis Mayfield verweist. Das ist ein Referenzpunkt. „Work All Day“ ist ein Titel, der auf einen Referenzpunkt verweist, dem wohl niemand entgehen kann, der Melodien liebt, The Beatles.“
“The Satanic Satanist“ ist ein Album voller luftiger und fluffiger Popstückchen mit psychedelischen Zügen geworden. Die ausgewogene und transparente Klangfülle der früheren Portugal. The Man-Alben wird hier zu einer neuen Qualitätsstufe geführt.
Aktuelles Album: The Satanic Satanist (Defiance Records / Cargo)
Foto: Emily Dyan Ibarra