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BOSSE

Der Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

BOSSE

Früh übt sich, wer ein Popstar werden will. Wenn es danach geht, hat die musikalische Früherziehung bei wohl niemanden besser geklappt, als bei Axel Bosse, a.k.a schlicht und ergreifend Bosse. Dem Einen oder Anderen dürfte Hyperchild noch ein Begriff sein, die 2000 mit einem ‚Wonderful World’ Cover die Charts stürmten. In einem Alter, in dem andere Jungs einfach nur vor sich hinpubertieren und sich um erste Dates sorgen, hatte Axel Bosse bereits einen beachtlichen Majordeal im Rücken und mehr Erfolg als viele Bands in ihrer dekadendauernden Laufbahn je verbuchen können.

Seitdem ist viel passiert: Hyperchild lösten sich 2002 auf und Bosse, gerade mal knapp über 20, zog es nach einer kurzen Stippvisite in Berlin nach Spanien, wo er sich erst einmal vom Trubel der fetten Jahre erholen musste. So kurz, so gut. Irgendwann im Vorfeld wurde einmal leise geäußert, dass seine Hyperchild Vergangenheit nicht zu seinen Lieblingserinnerungen gehört. Gibt es Dinge zu bereuen?

„Eine Zeit lang wollte ich Abstand von dieser Geschichte haben und mich neu sammeln. Man muss einfach mal bedenken, dass damals Alles sehr schnell ging. Ich war mit 17 der mit Abstand Jüngste in der Band und ich hatte damals die Schule abgebrochen, um mein Ding durchziehen zu können. Das ist jetzt auch nichts, was ich mir für mein Kind wünschen würde, aber irgendwie war ich immer fest davon überzeugt, dass alles gutgehen würde. Ich bereue nichts. Es hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin. Außerdem wäre es doch ganz undankbar, an der Tatsache rumzumäkeln, Glück gehabt zu haben, oder?“

Bosse nimmt es in Sachen Smartheit mit jeder Britpop-Ikone auf, ohne jedoch in Attitudenhascherei zu verfallen. Böse Zungen sprechen von trendschielendem Deutschrock, woher sollte sonst die fabelhafte Airplayquote bei MTV herkommen?

Vielleicht, weil seine Musik eingängig ist: Eruptive Gefühlsergüsse werden gekrönt von epischen Sahnehäubchen und wem bei dieser Metapher ein Ekelschauer über den Rücken läuft, dem sei gesagt, dass selten ein Musiker so wenig versuchte zu gefallen. Bosses Texte sind kein Versuch zwanghafte gute Laune zu verbreiten. Vielmehr spuckt er uns das Leben im 5. Stock, Großstadtschmuddel und Liebesleid ins Gesicht, dass es nur so kracht. Vor allem jedoch lässt er sich nicht limitieren. Als Support auf der Such A Surge Abschiedstour aufzutreten ist schon gewagt, oder?

‚Ein bisschen mulmig war mir schon zumute, mit einer Hip Hop Combo aufzutreten. Nicht, wass die Band selbst angeht, die alte Bekannte von mir sind. Eher was das Publikum angeht. Da hatte ich schon mit der ein oder anderen Dose am Kopf gerechnet, aber zu meiner Überraschung gingen die tatsächlich mit und waren sogar begeistert. Puuh, Schwein gehabt!“

Eine 12 Gigs umfassende Tour mit Mando Diao folgte und wer glaubt, Bosse wär nach so vielen Jahren on stage ein abgeklärtes Bühneschwein, der irrt:

„Unmittelbar vor einem Gig bin ich echt gelassen und hab total Bock zu spielen. Wenn ich jedoch dann auf die Bühne komme, sind die ersten 15 Minuten immer gleich: Ich bin höllenmässig aufgeregt, und muss mich erst mal einfinden. Wenn ich das hinter mich gebracht habe, dann lege ich richtig los und spiel wonach mir ist, unplugged oder auch riskante Sachen – Buhrufe und Sachen schmeißen einkalkuliert. Das ist mir in dem Moment dann egal.“

Und der Held Deiner Jugend?

„Eindeutig Kurt Cobain. Diese Verzweiflung hat mich fasziniert.“

Manchmal kann man Dinge nicht besser ausdrücken, als ein Zitat es bereits getan hat:

‚Niemand ist der Großstadtpoesie eines Rio Reisers so nah’

Aktuelles Album: Taxi (Scoop Music / RTD) Vö: 06.02.



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