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PHILLIP BOA & THE VOODOOCLUB

Branchen-Juwel!

PHILLIP BOA & THE VOODOOCLUB

Die Plattenbranche liegt am Boden. Taktiken oder Verbote bestimmen das Business. Da ist es eine wahre Freude, wenn man sich einmal mit einem Menschen wie Phillip Boa unterhalten kann. Ein Mann und sein Wort. Ehrliches Mitgefühl. Statements mit Meinung. Dieser Mann bezieht Stellung, verzichtet auf Worthülsen!

PPhillip Boa ist wieder da, wo er zu Beginn seiner Karriere einmal war: Er hat die gesamte Kontrolle über seine Musik. Und das ist gut so. Man kann seine Musik hören. Es gibt auf (Vorab-)CDs kein fiepen, faden oder faseln (mehr). Boa geht nicht gleich zum Geschäft über, erkundigt sich zuerst nach den Umständen eines privaten Trauerfalls im Umfeld des Verfassers, berichtet von persönlichen Erfahrungen diesbezüglich. Doch es gibt auch erfreuliche Themen. Der erste Song des neuen Albums „Diamonds Fall“ war am Tage des Gespräches auf myspace gegangen.

„Ein unheimliches Gefühl. Ich muss nicht mehr 1000 Leute fragen, ob ich etwas auf den Player tun kann. Ich kann es den Leuten einfach geben. Umsonst. Vorab. Weil es meine Songs sind, meine Rechte!“

Seinen ´Hardcore-Fans´ lässt er gar nahezu freie Hand bei Youtube. Sie verwalten einen Großteil der dort eingestellten Beiträge.

„Ich finde beide Formate super. Youtube ist ein unheimlich schönes System. Es hat uns viel gebracht, um nicht stehen zu bleiben, um neue Leute zu erreichen.“

Ebenfalls eine Weiterentwicklung dürfte der deutschsprachige Song „The Ballad Of Pia And Toett“ sein.

„Der Song ist typisch Pia. Ich habe nicht komponiert oder getextet, sondern produziert und künstlerisch geleitet.“

Später wird er der Diskussion über den Song noch eine traurige Note anfügen.

„Da Pia behauptet, sie würde kein Album mehr machen, habe ich dieses Lied von ihr noch mit auf die CD genommen. Hoffentlich ändert sich ihre Meinung, generell die Haltung der Zukunft, dass sie nach der Tour so langsam nicht mehr mitmachen will. Sie meint, als Frau kann man das nicht mehr machen. Ausreden? Keine Ahnung. Ich denke, es gibt keinen besseren Job.“

Boa erzählt von seiner Sinnkrise.

„Ich hatte eine ziemliche Paranoia, dass ich nicht mehr wichtig genug bin, so circa 1998-2006. Das macht sich manchmal bei Konzerten bemerkbar. Eigentlich ging die Krise früher los. ´The Red´ hat mich 2001 erstmals von dieser Paranoia gerettet, weil es zu 100% gute Kritiken erhielt. In den letzten Jahren ist es besser geworden. Das ist zwar etabliert, aber eine schöne Form davon. Die myspace-Sache und Feedback hat alles abgerundet, dem ganzen einen Sinn gegeben.“

Weiterentwickeln ist gut, altern nicht.

„Man wächst (zusammen) auf, wird älter. Die Einflüsse starten in den 60ern, man trägt Erinnerungen in sich herum. Sie sind tief in der Seele verankert. Das hört nie auf! Es stoppt vor dem `alt´ werden. Das Altern ist eigentlich scheiße, man sollte es ignorieren. Man nimmt seine Sehnsüchte mit, freut sich über neue Bands. Aber auch über jene, mit denen man aufgewachsen ist. Der Song ´60´s 70´s 80´s 90´s 10´ behandelt genau dieses Thema.“

Konsequenterweise hat Boa junge und alte Musiker um Mitarbeit gebeten. Cedric Vella (Gitarre) ist gerade mal 22 Jahre alt.

„Er hängt immer in unserem Studio auf Malta herum, hat eine eigene Prog-Metal-Band, hört sehr viel Radiohead. Eigentlich hört er alles. Ich mag es, wenn junge Leute dabei sind.“

Drummer Jaki Liebezeit ist um einige Generationen älter, war bereits zu Beginn der 70er als Schlagzeuger von Can erfolgreich.

„Wenn wir uns um 10.00 zum Frühstück, oder um 11.00 auf dem Hotelzimmer getroffen haben, um ins Studio zu fahren, war er immer als erster da. Klar, er ist musikalisch sehr radikal, eigentlich nicht mehr an Pop- oder Rockmusik interessiert. Da muss man sich Vertrauen erarbeiten... Ich wollte immer schon mit ihm spielen! Ursprünglich war es die Idee von Conny Plank (†), seinerzeit Produzent, und ein Freund von Jaki. Damals hat es nicht geklappt. Jetzt wollte ich es unbedingt. ´Westliche Musik ist tot´ war der erste Satz, den Jaki im Studio verlauten ließ. Es war schwierig. Tobi (Tobias Siebert, Klez.E -/ Delbo - Frontmann), unserem Producer, hat das Angst gemacht. Jaki sagte: `Wozu braucht man Bass? Ein Bass nervt nur.´ Als einziger Schlagzeuger dieser Welt wollte er kein Timing haben, hat sich nur die Instrumente, die keinen Rhythmus machen, auf den Kopfhörer geben lassen. `Alles andere manipuliert mich´. Er ist ein Genie, spielt die Drums, wie er sie sieht.“

Also locker vom Hocker. Oder: Es bleibt schwierig. Bleibt der fromme Wunsch, Pia möge vom Rücktritt zurücktreten. Und Phillip? Mach´ unbedingt weiter. Wir brauchen Originale. Lass´ uns nicht allein in dieser traurigen Welt zurück!

Aktuelles Album: Diamonds Fall (Rough Trade)


Weitere Infos: www.phillipboa.de

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