Die Außenwelt beschreibt das, was diese Band aus Seattle macht, als "baroque harmonic pop jams". Aber was um alles in der Welt soll man sich darunter nun vorstellen? Musik, die alles andere als hip ist, aber trotzdem alle abfeiern? Musik, die alles in ihrer traurigen Harmoniesucht ertränkt, aber niemals trieft? Musik, die stets eingängig, aber doch unkonventionell und unkonstruiert erscheint? Ja, auch wenn das bei weitem nicht alles ist, was aus dem Fass emporsteigt, das Fleet Foxes hier aufmachen.
Für alles offen zu sein, ist in der Regel gut, aber nicht selten auch der Stein, der Ungreifbares ins Rollen bringt und Besonderes zermalt. Alles ist möglich, aber damit auch schnell beliebig. Bei Fleet Foxes fließt das anders. Robin Pecknold, Skyler Skjelset, Josh Tillman, Casey Wescott und Christian Wargo gehen seit kurzer Zeit gemeinsam auf Entdeckungskurs. Ein jeder von ihnen ist Sänger, keiner ein Leader oder Frontmann. Alle haben auf ihre Weise Singer/Songwriter-Gedöns im Blut, aber keiner findet an Standard-Geschraube sein Gefallen. Vielmehr ist es eine kreative und Genregrenzen überschreitende Offenherzigkeit, die Fleet Foxes auf ihrem Weg verbindet. Denn es werden die Geister gerufen, die barockharmonische Popjams erst zu dem machen, was sie sind: Hier erklingt Folk, spielt der Mensch, wird Natur vertont, der Blues geschoben und Gospel im Geiste verkörpert.„Ja“, so Robin, „ich denke, dass all diese Worte auch eine treffende Beschreibung unserer Musik abgeben. Man kann natürlich stundenlang über die Bedeutung von zum Beispiel ´Folk music´ reden und manchmal ist es sicher auch passender, uns eher mit dem Begriff ´Pop´ zu beschreiben, als mit ´Folk´, aber ich kann diese Assoziationen nachvollziehen.“
Auch wenn es so erscheinen mag: Alte Hasen sind Fleet Foxes beileibe nicht. Diese jungen Bengel haben sich - diese Vermutung legt zumindest ihr Album „Ragged Wood“ nahe - viel altes Zeugs reingepfiffen: Bob Dylan, Joni Mitchell, The Beach Boys, Crosby, Stills & Nash, The Zombies, Simon & Garfunkel, Neil Young und wie sie alle heißen. Ist the old stuff deshalb nun the new loud?
„Ich weiß nicht, was es exakt ist, das sich von dieser Art von Musik auf unsere auswirkt oder uns anspricht. Ich denke aber“, so führt Robin weiter aus, „dass Menschen Musik hören, die in irgendeiner Weise damit verbunden ist, was für eine Person sie jeweils selbst sind.“
Was hier nach Hippie klingt, muss nicht zwangsläufig auf einer Blumenwiese, am Lagerfeuer oder nach einer Wundertüte gezeugt worden sein. Ganz im Gegenteil: Unkonventionelle Songs kann man auch in einem „überfluteten Proberaum oder schmutzigen Appartement“ schreiben. Wenn sie nun aber keine Hippies sind, dann doch wohl Ziehkinder alter Grunge-Junkies, die im Seattle-Saft der Neunziger standen.
„Nein, ich persönlich war zu jung, um mit dem Grunge aufzuwachsen, so wie es jemand tat, der in den späten Siebzigern oder frühen Achtzigern in Seattle geboren wurde. Ich habe das Zeug hauptsächlich durch meine älteren Geschwister entdeckt. Aber es ist eh eine seltsame Vorstellung, dass jeder in einer bestimmten Stadt ausschließlich durch den dort angesagten Sound beeinflusst wird. Jeder, den ich kenne, hört tonnenweise unterschiedliche Musik. Ja, eigentlich kenne ich wirklich niemanden, der ausschließlich eine Art von Musik hört.“
Angenommen Fleet Foxes würden doch nach ollen Grunge-Kamellen klingen, so wäre Sub Pop vermutlich das letzte Label gewesen, das sich im Jahre 2008 um das Debüt einer solchen Band gerissen hätte. Sie taten es aber, so wie viele andere Labels. Allerdings gingen nur sie und Bella Union aus diesem Battle als die Auserwählten hervor. Nicht ohne Grund, wie Robin die Entscheidung der Band erklärt:
„Ich glaube, dass beide Labels Musik herausbringen, die sie selbst lieben und nicht darauf schauen, wie gut sie auf dem Markt laufen wird. Und das ist sehr löblich.“
Genauso wie das Debüt, das Fleet Foxes auf diesen Wegen nun an die Außenwelt herantragen. Ein Album, das in seiner Einfachheit und Offenheit fasziniert. Ein unhippes Gebären fließt durch Songs, die gemeinschaftlich in blumiger Harmonie erklingen, dabei aber stets die dunkle Seite der Traurigkeit auf ein Neues ausleuchten. Ihre Räume sind erfüllt von einem staubig anmutenden Glanz, der das Wesentliche und Besondere fern von zeitgenössischen Standardeinrichtungen sucht und die guten alten Geister heraufbeschwört. Fleet Foxes ziehen so auf ihre eigene Entdeckungsreise - offen für alles, sehr besonders und auf dem absolut richtigen Weg.
Aktuelles Album: Fleet Foxes (Bella Union / Universal)
Foto: Felix Belisle