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HERRENMAGAZIN

Umfangreich gegenteilig

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Pfingsten wurde viel gefeiert. Überall. In Hamburg feierte der FC St. Pauli den Zweitliga-Klassenerhalt mit einer Jubeltour im Doppeldeckerbus vom Stadion bis zum Hafen, wo eine riesige Geburtstagsparty tobte. Natürlich wurde auch getrunken, und irgendjemand blätterte bestimmt in Herrenmagazinen...

Tags darauf sitzt Deniz Jaspersen in seinem Wohnzimmer unweit der o.g. Jubelstrecke. Er hat gerade geduscht, sich einen Kaffee aufgebrüht. Jaspersen ist Frühaufsteher, obwohl auch er sich am Vortag dem o.g. feuchtfröhlichlichen Vergnügen hingegeben hatte. Zusammen mit seinem Mitbewohner Paul Konopacka (Bass), mit ´Gary´-Drummer Rasmus Engler, der „um die Ecke wohnt“, sowie dem ebenfalls unweit entfernt lebenden Philip Wildfang (Gitarre) musiziert er professionell. Die Band nennt sich Herrenmagazin, und veröffentlicht nunmehr ihr Debutalbum „Atzelgift“.

Der staatlich anerkannte Erholungsort Atzelgift liegt am Ende der Kroppacher Schweiz in Rheinland Pfalz.

„Rasmus kommt dort aus der Nähe“, erläutert Sänger Jaspersen. „Ich wollte ´Atzelgift´ immer schon in einem Song unterbringen. Dann hat sich das nunmehr so betitelte Lied angeboten, weil es inhaltlich darin um Gift geht. Um Drogen und die Eskapaden eines Bekannten. Schließlich haben wir den Namen auch für die Platte genommen, weil es der schmissigste Titel von allen war. Als Notlösung. Wir haben zwar immer viele Einfälle, in puncto Albumtitel ist uns nichts, bzw so viel eingefallen, bis wir nicht mehr sagen konnten, was gut und richtig ist.“

Richtig gut ist der nach einer Dame benannte Track.

„´Lilly Lametta´ ist ein Mädchen, das ich einmal kennengelernt habe. Eine verflossene Liebe. Eigentlich war es nur eine einseitige Liebe.“

Jaspersen lacht.

„Nee, es war eine Bekannte von mir, von der ich mehr wollte, als es war. Es ist ein Liebeslied!“

Dieses Attribut dürfte nicht zutreffen bei ´Der langsame Tod eines sehr großen Tieres´.

„Da geht es um Verlust, um das Leben als morsches Holz. Es zerbröselt. Doch die Liebe bleibt im Endlicht, du stellst dich wieder hinten an. Erst denkt man, alles ist verloren, dann, dass es doch weitergeht, wieder von vorn anfängt. Dieses Lied habe ich geschrieben, weil sich jemand aus unserem Bekanntenkreis erhängt hat. ´Sie´ hat sich nicht noch mal hinten angestellt. Sie hat einen anderen Weg gesucht...“

Was wiederum erklären könnte, warum der Opener ´Früher war ich meistens traurig´ benannt wurde. Dem gegenüber steht das ständige Lachen des sympathischen Interview-Partners Jaspersen.

„Ich lache viel, was irgendwie komisch ist. Herrenmagazin hat eigentlich nur traurige Lieder. Eine depressive Unterschwingung ist immer dabei. Ein Widerspruch. Wir werden eigentlich immer für umgängliche, fröhliche Zeitgenossen gehalten. Aber das ist nun mal die Musik, die herauskommt. Eine Musik, die ich mag. Ich mag es traurig, ein bisschen deprimiert, aber hoffnungsvoll. Daher haben wir auf unseren Webseiten relativ viele Rubriken, wo man lachen könnte. Die Musik ist die traurige Seite, alles andere ist für den Humor, den wir mit uns tragen, der uns irgendwie zusammenschweißt, uns voran bringt. Wir sitzen nicht die ganze Zeit herum, und gucken uns traurig an.“

Manchmal schieben sie gar einen Schweinekrustenbraten in den Ofen.

„Wir kehren unsere Schwächen heraus, machen unsere Fehler zu unseren Stärken. Manchmal haben wir ein Treffen, um etwas zu besprechen. Dann reden wir nicht darüber, weil irgendwelche Kleinigkeiten wichtiger waren. Wir sind nicht so überengagiert wie andere Bands. Das ist vielleicht auch unsere Stärke, obwohl es eigentlich als Schwäche erscheint.“

Die Stärken vom Herrenmagazin waren in der Heimatstadt länger schon bekannt. Markus Wiebusch, Kettcar-Sänger, wird wie folgt zitiert:

„In Hamburg raunten es sich die Menschen schon länger zu: Rasmus Engler hat ´ne neue Band, die können was, die werden was...jetzt also das Debutalbum... Das Album hält jedes Versprechen. Die Punksozialisation der Bandmitglieder weht durch alle Songs...“

„Der Wiebusch“, sagt Jaspersen, „hatte am Anfang gar nicht so viel damit zu tun. Timo Sauer von der ´Schrottgrenze´ hat uns bei Motor vorgeschlagen. Oliver Frank (Ex-Blumfeld-Manager) und Jan Müller (Tocotronic-Musiker) haben das dann als unser Musikverlag verdealt, eingetütet. Kettcar durften wir 8 Tage als Support begleiten. Das sind wahnsinnig nette Jungs. Herren kann man fast sagen...“

Damit schließt sich der Kreis in diesem Magazin, das aber ausdrücklich auch den Damen sehr zugetan ist!

Aktuelles Album: Atzelgift (Motor Music) VÖ: 13.06.
W

Weitere Infos: www.herrenmusik.de

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