Kann man Erfolg haben, wenn man sich nur mit negativen Attributen schmückt? Oder ist es eine besondere Form von Understatement? Ist es eventuell gar lustig, ein Album „Schrottism“ zu nennen, wenn die Interpreten bereits als Schrottgrenze firmieren? Die Westzeit bat zum Interview, um diese Fragen garantiert unbeantwortet zu lassen!
So kann sich eine besondere Aura um die geheimnisvolle Philosophie der (mittlerweile) in Hamburg wohnhaften Schrottgrenze -Musiker entfalten. Was eigentlich auch nicht wirklich richtig (wichtig) ist, denn der neue Drummer Benni Thiel (spielt ebenfalls noch bei den Monochords, Good Heart Boutique; ersetzte Caddy) ist in Frankfurt beheimatet. Überhaupt hat sich im letzten Jahr, seit der Veröffentlichung des fünften Albums / Motor-Debuts „Cháteau Schrottgrenze“ viel verändert in der Biographie der 1994 in Peine als Schülerband gegründeten Formation. Basser Herr Pohn sitzt an seiner Diplomarbeit und wird derweil von Christoph Kohler (auch Junges Glück) ersetzt. Weitere `neue´ Gesichter trugen zum Gelingen von „Schrottism“ bei: Max Müller (Mutter), Christof Jessen (Das Weeth Experiment), Deniz Jaspersen (Herrenmagazin). Traditionell sind die `Ober-Schrottis´ Timo Sauer (Gitarre) und Alex Tsitsigias (Gesang, Gitarre) für die Umsetzung der musikalischen Ambitionen verantwortlich. Tsitsigias als Hauptsongwriter hat sich letztendlich die Ehre erarbeitet, einige Fakten zu „Schrottism“ erläutern zu dürfen, z.B., warum die Texte in verschiedenen Sprachen verfasst wurden.„Bereits bei `Cháteau´ gab es ein paar Zeilen in Englisch. Das fällt aber nicht auf, weil es nicht ganz so deutlich war. Auf `Schrottism´gibt es sogar einen englischen Song! Die `Zweigleisigkeit´resultiert aus dem Text, der in meinem Kopf entsteht. Es gibt Sachen, die ich auf den letzten Arbeiten schon in Englisch gelassen habe, weil es Sätze waren, die ich nicht gut übersetzen konnte, weil sie mir in der deutschen Sprache nicht gefielen. Nun war es ein bißchen mehr, zumal ich persönlich bzw wir es als Band reizvoll finden, nach 14 Jahren, in denen wir konsequent deutsche Texte sangen, einfach auch andere Sachen zuzulassen. Für deutsche Texte haben wir uns relativ früh entschieden, weil wir mit unserem Schulenglisch nicht so weit gewesen waren. Im Laufe der Jahre hat sich das gewandelt. Man lässt andere Inhalte zu, weil man besser formulieren kann.“
Ein weiterer Aspekt ist natürlich die Melodik.
„Oft ist es so, dass man eine gewisse Metrik nicht untergebracht bekommt, weil `Deutsch´ anders funktioniert. Es hat eine andere Wortlänge, usw.“ Überraschenderweise ist der Track „Zhenzheng de shuiguo“ mit einem chinesischem Text unterlegt.
„Ich habe Spaß an einer Multi-Lingualität, so wird es aufregender.“
„Schrottism“ startet mit „Judas Maxi Priest“...
„Der Song spielt mit der Gemeinsamkeit der beiden Bandnamen. Das wollte ich ironisieren. Judas Priest war tatsächlich eine der wenigen Bands, die ich in meiner Jugend eher vernachlässigt habe. `Painkiller´lief bei mir zwar auch mal eine Weile lang, aber ich konnte mich damit nicht richtig anfreunden. Ich war immer mehr (Iron) Maiden, und so.“
Maxi Priest und seine Reggae-Sounds rotierten ebensowenig auf den Schrottgrenze-Plattentellern.
„Genau, auch das ist nicht mein Ding. Maxi ist durch Dance-Hits bekannt geworden. Er hat Dance-Reggae gemacht zu einer Zeit, als ich bereits Punk und Metal gehört habe, deshalb hat mich seine Musik nicht wirklich interessiert. Unser Song ist einfach ein Stück über das Musikmachen.“
Ein weiterer Titel heißt „Schuldizm“.
„Das ist Englisch mit deutschem Namen, weil ich diese Zweisprachigkeit noch einmal unterstreichen wollte. Es macht mich stutzig, dass in den letzten Jahren soviel über die Qualität von deutschen Texten referiert wurde. In den 90er Jahren, als wir unsere ersten Platten gemacht haben, gab es im Prinzip noch das gegensätzliche Phänomen. Man wurde regelrecht dafür beäugt. Es hieß `Warum singst Du denn deutsch, ihr müßt doch englisch singen´. `Schuldizm´ nimmt Bezug auf den Albumtitel, ist aber natürlich nicht der Titelsong, sondern lediglich ein Aspekt davon.“
Die Schrottgrenze ist endlich Erwachsen, die Musik hat sich weiterentwickelt. Eine Frage von fortgeschrittenem Design. Eine Frage des Dazulernens, eventuell mit verbesserter Sehschärfe - damit die Visionen erkannt werden können, und sie nicht der Kursichtigkeit anheim fallen.
Aktuelles Album: Schrottism (Motor Music)
Weitere Infos: www.schrottgrenze.de