Hört man ihr Debütalbum B.A.S.I.C., so scheinen die Alpinestars Richard Woolgar und Glyn Thomas eher wenig Gemeinsamkeiten mit der gitarrenlastigen Popszene ihrer Heimat Manchester zu haben. 1999 spielten sie dort in kürzester Zeit ihren Erstling ein und wurden damit prompt zu einer festen Größe der englischen Elektronik-Musik. Als "DER kommende Dance-Act" wurden sie damals gehandelt, eine Definition, von der sie sich mit ihrem neuen Album "White Noise" distanzieren wollen. Diesmal haben sie sich Zeit gelassen und sind dort gelandet, wo sie herkommen: in Manchester. Nur diesmal mitten im Pop.
Mit zwei Keyboards und einer Akustikgitarre haben die Alpinestars angefangen, als sie vor knapp drei Jahren vor die Aufgabe gestellt wurden, innerhalb einer Woche einen kompletten Clubabend akustisch zu versorgen.„Der Club hieß Homoelectric und sie suchten ein paar Jungs mit Synthies als Anheizer für den DJ. Wir hatten vorher schon in einer Band zusammen gespielt. Doch diese elektronische Zwei-Mann-Performance war für uns Neuland. Hinzu kam, dass wir nur ein paar Wochen Zeit hatten, um uns ein paar Dance Tracks zusammenzuschustern. Doch der Abend wurde ein voller Erfolg. Wir konnten gar nicht fassen, wie schnell die Leute auf uns ansprangen. Früher investierten wir monatelang Arbeit in unsere Bands, damit dann acht Leute zum Konzert kamen, von denen es die Hälfte nicht interessierte.“Eine Woche später nennen sie sich Alpinestars, nach der Marke von Glyns Moutainbike. Zwei Wochen später tritt ein lokales Indielabel an sie heran, dass bisher nur einige 12 Inches veröffentlicht hat und bittet sie, die erste LP bei ihnen zu veröffentlichen. In aller Schnelle wird ein Album aufgenommen, darauf folgen glänzende Kritiken, Auftrittsangebote und Aufträge als Remixer, unter anderem für Placebos "Taste In Men".
„Wir hatten zum erstenmal ein Album und dazu noch verdammt gute Kritiken. Der NME schüttete wahre Lobeshymnen über uns aus. Das Problem war nur, in Hinblick auf unser neues, zweites Album, dass alle mit uns zufrieden waren, nur wir nicht. Unser Label hatte uns live als rein elektronischen Dance-Act kennengelernt und genau den Sound wollten sie auch auf Platte. So entstand ein Sound, der weniger etwas mit unseren Vorstellungen von Musik zu tun hatte, sondern eher mit den Instrumenten die wir zu jenem Zeitpunkt besaßen.“
Die Alpinestars trennten sich folglich von ihrem alten Label und fanden mit Ministry of Sound (Virgin) einen neuen Partner. So entstand ihr zweites Album White Noise, dass so eigentlich gar nicht mit ihrem Erstling zu vergleichen ist.
„Bei Virgin hatten wir nun alle Möglichkeiten. Wir hatten ein neues Label, ein professionelleres Umfeld, ein besseres Studio und vor allem mehr Zeit, alles was wir brauchten um unsere Ideen von Popmusik umzusetzen. Nicht, dass wir uns vorher eingeschränkt gefühlt hätten, aber uns wurde langweilig. Unser erstes Album war zu wenig emotional, zu asexuell. So konzentrierten wir uns viel stärker auf ein gutes Songwriting, bessere Texte und eine größere Bandbreite an Sounds. Zwar ist unser neuer Longplayer auch ein elektronisches Album geworden, nur diesmal menschlicher und wärmer.“
Als erste Single wird das düstere Stück „Carbon Kid“ Anfang Juni für den kontinental-europäischen Markt.ausgekoppelt. In England ist mit Snow Patrol eine Single bereits in den Läden. Gesungen wird „Carbon Kid“ von Brian Molko, dem hierzulande wohlbekannten Sänger von Placebo.
„Wir hatten das Stück eigentlich schon fertig und auch die Gesangsspuren waren mit unseren Stimmen schon aufgenommen. Doch als sich die Möglichkeit ergab, Brian als Sänger für Carbon Kid zu bekommen, waren wir sofort begeistert. Seine Stimme ist wirklich überragend. Er kam ins Studio und in wenigen Minuten hatten wir das Ding im Kasten. Wir hatten vorher keinen persönlichen Kontakt zu ihm, doch durch die Arbeit im Studio und zm Video ist eine Freundschaft entstanden.“
White Noise ist ein sehr britisches Pop-Album, Club und Listening Elemente werden gekonnt fusioniert, ruhige Stücke und Balladen finden sich ebenso darauf wie lupenreine Diskopeitschen. So entstand eine Mischung, die man mit Alben der frühen Rave Bewegung, besonders der ersten Stone Roses-Scheibe oder den Happy Mondays, vergleichen kann. Man tut den Jungs aber auch kein Unrecht, wenn man das neue New Order Album als Referenz hinzuzieht.
„Wir wollten auf unserem neuen Album vor allem einen Live-Eindruck erzeugen. Es passiert so oft bei elektronischer Musik, dass ein Gitarrenriff bis zum Umfallen wiederholt und geloopt wird. Wir haben viele Instrumente live eingespielt oder einspielen lassen, um den spontanen Charakter von Popmusik zu erhalten. Folkige Lieder wechseln sich ab mit eher rockigen Stücken, diese gleiten nahtlos über in Tracks, die eindeutigen Clubcharakter haben usw. Pop heißt immer auch Vielfalt. Es ist für uns wichtig, ein breites Publikum zu erreichen, ja gerade eine Herausforderung, ein Album zu schreiben, das die Massen mögen. Schrägen, schwierigen Kram zu schreiben, den keiner versteht, ist einfach. Die Herausforderung besteht darin, die Musik weiter zu entwickeln und dennoch Qualität und Zugänglichkeit zu bewahren.“
Aktuelles Album: "White Noise" (Ministry of Sound/Virgin) ,V.Ö.: 24.6.
Foto: Steve Double