Ohne Zweifel mussten wir lange auf dieses Comeback warten. Zwar geschieht es nicht komplett in Originalbesetzung, aber zumindest wurde dem alten Spirit wieder mächtig Leben eingehaucht. Jener Spirit, der zur Glanzzeit der Band Anfang der 90er Jahre uneinholbar vorne lag und und Jane‘s Addiction einen Sonderstatus in der Alternative-Szene verlieh. Sie waren nie Punk, Grunge oder Rock, zu viele Komponenten, auch psychedelischer Art, formten die Musik dieser Band zu einem eigenen Orbit, der kaum fassbar schien. Heute ist alles anders, oder ist gar alles gleich? Drummer Stephen Perkins plauderte munter über die Umstände, die eine der einflussreichsten Rockbands des letzten Jahrzehnts wieder zusammengeführt hat.
So fällt die Selbstbeschreibung seiner Band für Stephen sehr positiv aus. „Jane‘s Addiction ist ein Haufen Strahlen, das sich wieder gebündelt hat. Wir haben unsere Heimat wiedergefunden. Ehrlich gesagt, um diese Band zu formen sind vier verschiedene Persönlichkeiten nötig. Vier Leute mit verschiedenen Plattensammlungen, vier Jungs, die sich anders anziehen und anders leben, um diesen wahren Sound zu erarbeiten. Diese vier Leute müssen miteinander kommunizieren, wobei die beste Voraussetzung ist, dass wir alle auf einem Level gleiche Ziele haben, uns den gleichen Herausforderungen stellen und uns auf die gleichen Sachen konzentrieren. Das war in unseren Anfangstagen ganz anders. Es gab eine Explosion und in der Folgezeit waren wir uns nicht einig und standen das nicht lange durch.“ Das ist nun ja auch schon über zehn Jahre her. So wurden alle Bandmitglieder älter, reifer und sammelten in verschiedensten Bands und Projekten Erfahrungen. Stephen und Frontmann Perry Farrell überlebten einige Zeit mit Porno For Pyros, danach folgten für den Drummer zahlreiche Projekte wie etwa Banyan (mit Mike Watt), Perry nahm das wunderbare Soloalbum „Song Yet To Be Sung“ auf. Gitarrist Dave Navarro spielte mit den Red Hot Chili Peppers das zu Unrecht oft unterbewertete „One Hot Minute“ ein und widmete sich nach ausgedehnten Touren seinem ersten Soloalbum „Trust No One“. Danach folgte 1997 eine kurzzeitige Wiedervereinigung von Jane‘s Addiction zum Rare Tracks/Best Of-Album „Kettle Whistle“, auf dem bereits 4 neue Songs zu hören waren, aber dann wurde es wieder still. Nun aber ist alles anders. „Wir sind natürlich älter, klüger und auch bessere Musiker geworden. Aber das Business interessiert sich nicht für dein Alter oder deinen Reifestatus, es geht nur darum, seine Emotionen auszudrücken und es einfach passieren zu lassen. Als wir uns dann im Studio wieder trafen war alles so hochgradig energetisch, weil wir auch alle sehr aufgeregt waren, uns wiederzusehen. Aber wir hatten eine gemeinsame Vision und wussten auch, dass es vielleicht ein ganzes Jahr dauern würde, diese zu verwirklichen. Wenn ein Hindernis auftauchte, haben wir uns sofort hingesetzt und darüber gesprochen.“ Anders als noch eben 1997, die Zeit um die VÖ von „Kettle Whistle“, die auch von Stephen als „relapse“ bezeichnet wurde, ein Rückfall eben. Am Anfang der neuen Ära hing der Bass über der Schulter von Porno For Pyros-Tieftöner Martyn LeNoble. „Leider war die Chemie aber nicht gut und wir mussten einen neuen Bassisten finden, der den Kreis wieder schließen konnte. Dieser ist Chris Chaney.“ Auch kein unbekannter für Perkins, bildeten sie beide doch zusammen für Tommy Lee‘s Methods Of Mayhem die Rhythmusgruppe. Davor und danach war Chris in der Band von Alanis Morissette tätig, seinen Platz dort nahm skurilerweise übrigens inzwischen Original-JA-Bassist Eric Avery ein. „Es hat so lange gedauert, bis wir nun endlich sagen konnten, die perfekte Zusammensetzung unserer Band gefunden zu haben. Es musste wohl alles so passieren, sonst würde Jane‘s Addiction heute nicht so klingen.“ Dieser Sound musste in gewissem Sinne neu gefunden werden. Trotz des kompakten Charakters der neuen Kompositionen ist der epische Ansatz der gleiche geblieben. Vielleicht eher less psychedelic, dafür aber mehr Linie? „Wir schreiben Songs, die eine Reise beschreiben, welche wiederum mit den Lyrics und ihren Themen übereinstimmen muss. So brauchen manche Inhalte eher mehr Zeit, um gebührend behandelt zu werden, andere eben weniger. Diesmal hatten wir aber auch Glück mit unserem Produzenten, Bob Ezrin, ein großartiger Kerl. Der sagte oft: „Geiler Part, aber warum spielt ihr den so lange?“ Da hatte er unseren Hang zum Psychedelischen wieder entblößt.“Und eben diese Seite stach auf dem letzten wirklichen JA-Longplayer „Ritual De Lo Habitual“ aus dem Jahre 1990 deutlich heraus. „Die Aufnahmen zu „Ritual...“ machten wir zu einer Zeit, in der unsere Freundschaft lange nicht so fest war, wie sie jetzt ist. Wir haben uns damals kaum miteinander beschäftigt und auch kaum kommuniziert. Die Songs waren fertig, als wir ins Studio gingen, wir haben sie aufgenommen und das war‘s. Es war sehr viel Streß, direkt danach waren wir 8 Monate auf Tour und das war das Ende der Band, weil wir nicht mehr miteinander umgehen konnten. „Strays“ dagegen war eine Menge Spaß. Zumal wir auf unsere eigenen Kosten gearbeitet haben. Wir haben ein großartiges Studio und einen Weltklasse-Produzenten gebucht und eine tolle Erfahrung gemacht.“ Einziger Wermutstropfen: das leidige Thema Filesharing, Downloads, etc. „Ich verstehe nicht, warum viele Leute Musik als das einzige Gut ansehen, was man nicht bezahlen muss. Für jedes sonstige Gut, an dem irgendjemand ein Jahr lang arbeitet, zahlt jeder gerne, aber mit Musik soll das anders sein? Ein furchtbarer Gedanke, aber der Prozess scheint nicht aufzuhalten. Daher sage ich: Versuche lieber, ein guter Live-Musiker zu werden, denn das kann Dir niemand nehmen. Keiner kann Deine Performance und das Gefühl, sie live erlebt zu haben, downloaden.“ Zum Abschluß noch ein kleiner Blick in die Glaskugel. Was ist dein größter Wunsch für die Band? „Das sie diesmal fixiert und zusammen bleibt. Wie lange das dauern mag? Keine Ahnung, aber zumindest sollte es so lange gehen, bis wir uns alle einig sind, dass wir Schluß machen sollten. Wir sind immer so ungezogen und dekadent. Stets sind wir hin- und hergerissen, entweder die richtige Sache aus dem falschen Grund zu machen, oder eben umgekehrt.“Aktuelles Album: Strays (Capitol)
Weitere Infos: www.janesaddiction.com