Subterfuge´s back! 17 Jahre nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums meldet sich Düsseldorfs kleine, große Indie-Pop-Band mit einer neuen Platte zurück, auf der alte Tugenden und neue Ideen beeindruckend bruchlos zusammenfließen, wenn die Band die eigene Vergangenheit zwischen Indierock-Wucht und Bedroom-Pop-Eleganz Revue passieren lässt und mit einem Hauch von Psychedelik ganz organisch am Zeitgeist andockt. ´Dots.´ erscheint Anfang März auf dem bandeigenen Label Less Records, und gleich anschließend geht´s dann für Subterfuge auch auf Tour.
30 Jahre ist es inzwischen her, dass die beiden Songwriter, Sänger und Gitarristen Tommy Baumhoff und Lars Schmidt Subterfuge aus der Taufe gehoben haben. Anfangs noch auf den Fersen der Indierock-Helden aus den USA und Großbritannien wie Superchunk, Lemonheads, Dinosaur Jr., Mega City Four, Ride oder Teenage Fanclub folgte der frühen Sturm-und-Drang-Phase mit den beiden Alben ´Fabulous´ und ´Marc´ eine klangliche Neuorientierung, die auf ´I Do Birds´ (2001) und ´The Legendary Eifel Tapes´ (2005) den Schwenk zu einem kultivierteren (Indie-) Pop-Sound bedeuteten. Trotz viel Lob aus den richtigen Mündern waren danach erst einmal andere Dinge wichtiger.„Ich kann mich auch noch ganz gut erinnern, dass wir alle große Lust hatten, etwas ganz Eigenes zu machen, also ohne die vielen Abstimmungsrunden, die man als Band so hat“, sagt Lars rückblickend im Westzeit-Interview. „Auch wenn die objektiv betrachtet ja genau die Band ausmachen und immer zu interessanteren Ergebnissen führen, ist das schon auch anstrengend, wenn sich der eigene Song durch fremden Input irgendwo anders hin entwickelt – und so ist ja auch vieles entstanden."
Nicht nur die beiden Songwriter Tommy und Lars, auch die anderen Bandmitglieder, Schlagzeuger Daniel Klingen, Multiinstrumentalist Lorenz Naumann und die Zwillinge Kai und Tom Blankenberg an Bass und Keyboards widmeten sich in den letzten 15 Jahren einer Vielzahl kleinerer und größerer musikalischer Projekte, wann immer ihre Zeit dies zuließ. Trotzdem lag ihre Hauptaufmerksamkeit woanders.
„Wir sind mit elf Kindern sicherlich die kinderreichste Band Düsseldorfs“, erklärt Tommy. Insofern hatten Erziehungsfragen zwischen 2005 und 2016 eindeutig Vorrang. Es wäre schlichtweg unmöglich gewesen, sich damals gemeinsam die Zeit für neue Musik zu nehmen. Aber irgendwie lag es immer in der Luft, dass wir ein weiteres Album machen würden. So haben wir 2014 angefangen, neue Songs zu schreiben, und 2016 angefangen, sie aufzunehmen. Dass wir es jetzt geschafft haben, das Ganze zu finalisieren, erfüllt einen weniger mit Überraschung als mit Stolz, denn wir sind alle sehr zufrieden mit dem Ergebnis.“
In der Tat scheint Subterfuge die Pause gutgetan zu haben. ´Dots.´ punktet mit einer neuen Leichtigkeit und umschifft dabei scheinbar mühelos all die Fallen, in die Künstler in den besten Jahren für gewöhnlich tappen. Fast könnte man meinen, Subterfuge klingen heute jünger als auf dem 17 Jahre alten Vorgänger! Vielleicht ja auch deshalb, weil das neue Album eine Bauch-Platte ist, während ´The Legendary Eifel Tapes´ eher eine Kopf-Platte war?
„Das habe ich so noch nie gesehen. Aber mit dem Bild kann ich etwas anfangen“, sagt Tommy. „Ich glaube, bei den ´Eifel Tapes´ war es schon unser Wunsch, unser Know-how als Musiker und Musikproduzenten zu zeigen und dementsprechend etwas handwerklich Perfektes abzuliefern. Das ging von der Mikrofonierung über die Verkabelung bis hin zum perfekten Take. Vielleicht ist unsere neue Platte dann tatsächlich eher eine Bauch-Platte, weil wir bisweilen Dinge, die wir als musikalisch richtig erachten würden, bewusst falsch gemacht haben. Wir hatten tatsächlich großen Spaß am Musikmachen. Hier und da haben wir die Songs so unbefangen eingespielt wie auf unserer Platte ´Marc´ von 1996.“
Die Idee, ein superreduziertes Album aufzunehmen, für das die Solowerke von Pete Astor und dessen Sidekicks James Hoar mit seinen Bands Ultimate Painting und The Proper Ornaments als Inspiration dienen sollten, wurde deshalb schon bald verworfen, weil die neuen Subterfuge-Lieder einfach nach etwas anderem verlangten.
„Wir waren auch noch nie gut darin, uns einen Overdub zu verbieten“, gesteht Tommy, „und so haben wir dann einfach in alter Manier weitergemacht.“
Das ist allerdings ein bisschen geflunkert, denn gerade der sanfte psychedelische Einschlag, der auf ´Dots.´ viele Songs umspült, ist nicht nur eine neue Note im Soundkosmos von Subterfuge, er ist als heimlicher Trumpf des Albums auch das Bindeglied, das vielen anderen Bands mit zwei Songwritern, die eigene Interessen verfolgen, nach so vielen Jahren einfach fehlt. Das ist nicht zuletzt das Verdienst von Lorenz als Produzent, der klare Vorstellungen hatte, wie die LP klingen soll, um eine gewisse Modernität zu haben. Derweil leuchten The Pretty Things, The Byrds oder Crosby, Stills, Nash & Young in der Ferne, wenn es um den Harmoniegesang geht, der dieses Mal wieder stärker im Mittelpunkt steht und so das Gemeinschaftsgefühl des Albums unterstreicht.
Die förmlich greifbare Freude am Musikmachen hat offenbar auch auf die Texte abgefärbt, die ebenfalls ein Gefühl von Unbeschwertheit vermitteln, das nur Bands transportieren, bei denen alles kann und nichts muss.
„Wo vielleicht auf unseren ersten Platten die ´Boy meets Girl´-Themen überwogen haben, gibt es auf dieser Platte sehr viele autobiografische Momente“, erklärt Tommy. „So handeln viele Songs von Dingen, die wir selber so in dieser Stadt oder anderswo erlebt haben."
Jugenderinnerungen werden dabei genauso verarbeitet wie die Folgen von Gentrifizierung oder digitaler Konsum, und bisweilen schweift der Blick auch zurück zu alten Tourneeerlebnissen. Apropos Tour: Mit den Songs des neuen Albums im Gepäck werden Subterfuge ab Anfang März kreuz und quer durch die Republik unterwegs sein. Was sie dabei genau erwartet, wissen die Musiker nicht wirklich, schließlich sind inzwischen fast 15 Jahre vergangen, seit sie zum letzten Mal gemeinsam „auf Klassenfahrt“ waren. Deshalb sind die Erwartungen der Band an die Gastspielreise nicht nur wegen der Pandemiesituation bescheiden. Die Tournee, da ist Tommy sicher, ist ein Erfolg, „… wenn sie stattfindet!“
Aktuelles Album: Dots. (Less Records / Cargo) VÖ 04.03.
Weitere Infos: www.less-records.de/subterfuge Foto: Anika Potzler