Was lange währt wird endlich gut! Diese banale Wahrheit trifft auf die Würzburgerin Lilly Brüchner, die sich verständlicherweise lieber als Lilly Among Clouds am Himmel tummelt, tatsächlich mal zu. Denn lange bevor die selbsternannte Spätzünderin vor zwei Jahren mit ihrem Debüt-Album ´Aerial Perspective´ reüssierte, hatte sie schon als Teenagerin begonnen, eigene Songs zu schreiben, ihr Material mit einigem Erfolg als Live-Performerin eingehend getestet und eine selbst verlegte EP veröffentlicht.
Auch das nun vorliegende zweite Album ´Green Flash´ ist kein wirklicher Schnellschuss – was unter anderem daran liegt, dass Lilly und ihr musikalischer Partner Udo Rinklin sich dieses Mal viel Zeit gelassen haben, die neuen Songs im Studio detailreich und vielschichtig zu optimieren.Was will uns denn der Titel des neuen Albums - ´Green Flash´ - sagen?
„Ich wollte immer Album-Titel, die etwas mit 'among clouds' zu tun haben“, erklärt Lilly, „deswegen ging es beim ersten auch um die Vogelperspektive. 'Green Flash' ist eine sehr seltene Naturerscheinung, die man am Himmel beim Sonnenaufgang beobachten kann, wenn man klare Sichtverhältnisse hat. Das, was ich nämlich am meisten mache, wenn ich keine Musik mache, ist die Natur zu beobachten. Da ich das, was ich am liebsten mag, mit meinen Titeln ausdrücken wollte, wollte ich auf diesem Wege die Natur mit reinholen. Der Titel ist auch ein Ausdruck dafür, wie sehr ich es wertschätze, dieses Album machen zu können. Wichtig ist mir auch, auszudrücken, dass man die Natur auch erleben - und nicht nur schöne Selfies machen kann.“
Heißt das dann auch, dass die Natur eine Inspirationsquelle für das Songwriting ist? Immerhin gibt es ja den Song ´Look At The Earth´ auf der Scheibe, der so etwas wie eine politische Botschaft zu enthalten scheint.
„Nein – eigentlich nicht“, zögert Lilly, „denn eigentlich schreibe ich lieber über den Menschen. Die Psychologie oder das Zwischenmenschliche interessieren mich besonders. Ich habe da nämlich das Gefühl, dass ich dann endloses Material zur Verfügung habe. Die Natur das ist der andere Part. Wenn ich in der Natur bin, dann höre ich auch keine Musik. Ich brauche sie nicht als Inspiration – sie lenkt mich da auch eher ab. Wenn ich was schreiben will, dann muss ich schon lieber reingehen.“
Was war denn musikalisch der Haupt-Unterschied zur Produktion des ersten Albums? Es fällt z.B. auf, dass es dieses Mal weniger Piano-Balladen gibt und Stücke, bei denen mit Synthesizern und Beats gearbeitet wird.
„Udo würde wahrscheinlich sagen: wie ich gearbeitet habe“, überlegt Lilly, „ich habe viel mehr getüftelt und Sound-Sachen ausprobiert als auf dem ersten Album und war auch wagemutiger. Auf dem ersten Album war ich von der Idee fasziniert, meine Lieder zu Udo zu bringen und mal zu schauen, was er draus macht. Ich habe damals erst gelernt, was man aus Liedern alles machen kann. Dieses Mal hatte ich mehr Lust, etwas auszuprobieren, während ich beim ersten Mal eher noch gezögert habe.“
Gab es denn ein musikalisches Ziel – etwa in Form eines stilistischen Themas - oder ging es darum, mal zu sehen, was passiert?
„Puah – gute Frage“, zögert Lilly, „wir haben einfach Lied für Lied gemacht. Es gab nur die Vorgabe, dass ich die Hälfte der Songs mit Beats und Bass machen wollte und dann zu schauen, dass alles gut zu einem Album passt. Man weiß ja nie, wohin man noch alles gelangt in dieser kreativen Schaffenswelt – aber ich könnte mir schon vorstellen, auch mal ein Themen-Album zu machen. Das ist ja eigentlich eine coole Idee – auf die ich aber bislang noch gar nicht gekommen bin.“
Auf Deutsch zu singen kommt für die Tochter einer amerikanischen Mutter natürlich nicht in Frage. Schon alleine deswegen ist ´Green Flash´ insofern ein souveränes Statement in Sachen organischer, variantenreicher, englischsprachiger Popmusik aus deutschen Landen geworden.
Aktuelles Album: Green Flash (PIAS Recordings)