Berlin, einer jener Abende im späten September 2018, von denen man glaubte, es wäre der letzte warme dieses Jahres. Ich sitze mit Funny van Dannen und einer Flasche Rotwein auf einer Terrasse und erfahre, dass der Fußballverein, bei dem er als hoffnungsvoller Nachwuchsspieler vor vielen Jahren beinahe gelandet wäre, gerade in die Eredivisie aufgestiegen ist.
In die 1. Holländische Liga? Ja, schließlich ragt die Bundesrepublik mit dem Selfkant, wo Funny das Licht der Welt erblickte, weit nach Holland rein. Die Gegend stand nach dem 2. Weltkrieg als eine Art Faustpfand für zukünftiges Wohlverhalten zunächst unter holländischer Verwaltung. Funny ist übrigens der Meinung, “es wäre besser gewesen, wenn wir bei Holland geblieben wären, denn kulturell ist es eigentlich Limburg”.Auf die Frage (die unser Alt-Mit-Herausgeber Linne schon 1996 aufgeworfen hat), ob Funny denn nicht wieder mal was auf Limburgisch machen möchte, meint er:
“Generell würde ich das nicht ausschließen, ich habe auch immer wieder etwas geschrieben, aber es fehlt einfach das Publikum dafür. Vielleicht mache ich das aber doch noch mal – Lust hätte ich schon.”
Wir vertiefen hier nicht die Helau-Allaaf-Grenzstreitigkeiten (“durch die Toten Hosen habe ich auch die Düsseldorfer schätzen gelernt”), aber seine ersten Auftritte hat Funny im Kinderkarneval absolviert. Woher kommt heute die Inspiration?
“Nun, fällt mir was ein, dann schreibe ich es auf. Das passiert bei Einkaufen, beim Rumlaufen – aber manchmal setze ich mich auch richtig hin. Ich habe immer so ein Poesiealbum, da male ich was, da schreibe ich was... (er steht auf und holt ein Buch, blättert darin) ...und davon habe ich jede Menge. Wenn dann eins voll ist, lege ich es ein paar Wochen weg und dann sortiere ich die Sachen.”
Wie entscheidet sich bei jemandem, der so vielseitig begabt ist, was ein Bild, ein Lied oder eine Geschichte wird?
“Das liegt wahrscheinlich am ersten Satz, je nachdem, wieviel Musik da drin ist. Aber bei mir ist nichts Kalkül, ich schreibe sehr intuitiv, sehr assoziativ. Ein Satz gibt den nächsten, wenn ich Glück habe, ergibt sich am Schluß ein sinnhaftes Gebäude. Aber das ist nicht immer der Fall.”
Sehr wohl der Fall ist es z.B. beim Text von ´Giftige Kerne´, einem Song auf der neuen CD, in dem irgendwann Menschen Pferden vor die Füße kotzen. Ein bewusstes Invertieren der bekannten Metapher?
“Nein, zufällig bin ich an diesen Punkt gekommen – und dann dachte ich auch: eigentlich ist es andersrum. Verwunderlich, was Geschichten manchmal für eine Wendung nehmen.”
Streichelt es die Künstlerseele, dass einige Sätze von Dir für viele Leute zu stehenden Wendungen gehören, oder ist Dir das egal?
“Das ist mir völlig egal.”
Ganz ehrlich?
“Ja. Was ich schön finde, ist wenn ich ein Lied aufgenommen habe, oder wenn eine Geschichte fertig ist. Das sind die tollen Momente, aber das verfliegt auch sehr schnell. Das Machen ist das Schöne. Wenn die Leute damit was anfangen können, ist das auch toll, aber es berührt mich nicht so.”
Gibt es ein Lieblingskind unter den dreien: Lied, Bild, Text?
“Ich bin eigentlich Maler. Aber davon könnte ich nicht leben. Aber dann hatte ich das Glück, dass die Leute meine Geschichten mochten und meine Lieder.”
Wir reden dann natürlich auch über die Lassie Singers, bei denen Funny letztlich auf Wunsch seiner Frau ausstieg.
“Ist eben schwierig, mit einer Band, in der drei Frauen sind, um die Häuser zu ziehen, wenn du zu Hause drei kleine Kinder hast. Aber es ist mir recht schwer gefallen, weil man schon das Gefühl hatte, das könnte ganz gut abgehen.”
Auch andere Projekte scheiterten damals, eine eigene Galerie, die erste größere Ausstellung mit eigenen Bildern (“ein kompletter Flop”), aber wenn Funny davon erzählt, hat man nie das Gefühl, er würde irgendetwas nachtrauern.
“Ich bin sehr zufrieden, denn ich habe alles gemacht, was ich machen wollte. Wenn ich jetzt tot umfalle, ist es OK. Was vielleicht noch schön gewesen wäre: 'ne Band zu haben.”
Gehst Du gern auf Tour?
“Eigentlich nicht. Ich spiel gern mal ab und zu, aber dieses Geplante und Getaktete, dieses Professionelle...und ich bin nicht gern unterwegs. Die ewige Reproduktion langweilt mich auch. Es ist schön, wenn die Leute ihre Freude haben, aber ich bin immer ganz froh, wenn die Show vorbei ist.”
Und doch geht’s bald wieder los - auf die abschließende Frage, ob Funny der Welt sonst noch etwas mitzuteilen hätte, kommt die wundervolle Antwort:
“Nö. Es ist alles in meinen Liedern.”
Aktuelles Album:Alles gut Motherfucker
Aktuelles Buch: Die weitreichenden Folgen des Fleischkonsums (beides Edition Tiamat / Verlag Klaus Bittermann)
aktuelle CD: "Alles gut Motherfucker" aktuelles Buch: "Die weitreichenden Folgen des Fleischkonsums" (beides Edition Tiamat/Verlag Klaus Bittermann)
Weitere Infos: www.funny-van-dannen.de Foto: Jaro Suffner