Es fängt schon zum Ende der letzten Tournee hin in ihren Köpfen an zu brodeln. In denen von Frontmann und Sänger Orlando Weeks, den beiden Gitarristen Hugo und Felix White, Bassist Rupert Jarvis sowie Schlagzeuger Sam Doyle, die gemeinsam The Maccabees sind. „Doch dann, als wir uns bei den Soundchecks mehr und mehr neue Ideenschnipsel vorspielten, stellten wir fest, dass es zwei völlig verschiedene Energien sind, die des Livespielens und die des Stückeschreibens“, stellt Orlando Weeks klar, „so musste die konkrete Arbeit an unserem vierten Album ‚Marks To Prove It’ warten, bis wir uns im bandeigenen Studio im Londoner Stadtteil Elephant & Castle an die Arbeit machen konnten.“
Schmerzvoll und traumatischWenn die Truppe jetzt, nachdem das Album fertig ist, zurück blickt, dann sagen alle unisono, dass es ein schmerzvoller, kniffliger und sogar traumatischer Prozess war.
„Wenn etwas das fertig auf dem Tisch liegt, wundert man sich selber, aber zeitweise hatten wir das Gefühl, die neue Platte wird nie fertig“, fügt Felix White an, „ohne dass ich benennen könnte, was eigentlich das genaue Problem war. Aber irgendwie haben wir dabei ein ganzes Jahr verplempert.“
Das klingt völlig verrückt, vor allem dann, wenn man den neuen Stücken lauscht, klingen The Maccabees doch frischer und spielfreudiger; denn je. Und zwar vom ersten Takt des ersten Liedes ´Marks To Prove It´ an bis hin zur letzten Note von ´Dawn Chorus´. Das sind klanglich unverkennbar The Maccabees-Stücke, und doch klingen sie ausgefuchster und vorwärtsschreitender, als alles, was die Band zuvor gemacht hat. Klar, das soll ja auch so sein, wer will schon Selbstzitate hören? Aber selten gelingt einer Formation eine solch spannende und vor innerer Aufregung knisternde Balance zwischen Gestern und Heute, wie auf ´Marks To Prove It´.
„Vielleicht haben wir die Zeit und diese ganzen Reibungsprozesse einfach gebraucht, um so voran zu kommen“, gibt Orlando Weeks zu bedenken, „manchmal muss man offensichtlich nur Warten können. Dann stellt sich die Situation, in der man plötzlich unverkrampft und unbewusst aufspielen kann, ganz von selbst ein.“
Fleisch an die Liedskelette
Möglicherweise hängen die genannten Schwierigkeiten auch damit zusammen, dass bei The Maccabees jeder Stück-ideen beisteuert.
„Das sind aber wirklich meist nur grundsätzliche Ideen, Liedskelette sozusagen“, kann Felix White im Nachhinein sogar darüber befreit lachen, „doch das dann notwendige Fleisch packen wir gemeinsam an die Skelette. Dieser Teil des Arbeitens ist fast schon ein demokratischer Prozess, deshalb dauert es bei uns auch so lange. Wobei wir schon wissen, dass Kunst kaum demokratisch organisiert werden kann. Aber am Ende ist es wohl das Lied, dass entscheidet. Man muss da nur die Kultur des Zuhörens walten lassen. Damit dabei auch nicht die geringste Idee verloren geht, fand auch dieser Prozess nicht im Probenraum statt, sondern schon im Studio. Alles wurde mitgeschnitten.“
So ist es ihnen gelungen, die Rohheit der Stücke genauso einzufangen, wie die hypnotischen melodischen Bögen, für die The Maccabees bekannt sind. Diese Rohmixe gehen dann an CenzoTownshend. Der ist als Mix- und Produktionsgenie äußerst gefragt und hat die Stücke von so unterschiedlichen Künstlern, wie Bryan Ferry, Jamie Cullum oder The Horrors veredelt und mit dem The Maccabees bereits seit ihrem Vorgänger-Album ´Given To The Wild´ bestens vertraut sind. Was letztlich die Faszination von ´Marks To Prove It´ ausmacht, ist der Tatsache geschuldet, dass es opulent aufbereitete Stücke, wie ´River Song´ gibt, die sich in Bläsern und Streichern suhlen. Oder ´Spit It Out´, wo Pauken und Trompeten ins Rennen geschickt werden. Andererseits sich aber auch Lieder finden, denen ein Melodieinstrument und eine Stimme reicht – etwa in ´Slow Sun´. Längst widmen sich The Maccabees wieder der zweiten Energie; schließlich müssen die Stücke jetzt auf die Bühne. Darauf darf man sich jetzt schon freuen.
Aktuelles Album: Marks To Prove It (Fiction / Caroline / Universal Music)
Foto: Jordan Hughes