Sie sind schon ein ungewöhnliches Duo, wenn sie da auf der Bühne stehen. Jenn Wasner an der Gitarre, die durchaus schon mal brachialer loslegt als auf dem Album und Andy Stack am Schlagzeug, das er einhändig spielt. Die andere Hand braucht er für das Keyboard. Obwohl Wye Oak aus Baltimore an diesem Abend die Vorband geben, haben sie bereits nach den ersten Klängen das Publikum in ihren Bann gezogen.
Klebrige FädenWie zwei Spinnen weben sie unablässig an einem engmaschigen Klangnetz. Klebrig ist es. Kaum abzuschütteln. Plötzlich weiß man nicht mehr, ob die nur spielen wollen oder man fette Fressbeute ist. Schnell merkt man, die tun nichts. Außer spielen eben. Und das nach ganz eigenen Gesetzen. In eigenen Songstrukturen. Jenn Wasner und Andy Stack sind nahe Baltimore aufgewachsen und haben während ihrer High-School-Zeit zum ersten Mal gemeinsam musiziert. Sich dann jeweils anderen Bands zugewandt. Dann zum Studium die Stadt verlassen. Zurückgekommen, sind sie sich wieder über den Weg gelaufen.
„Das ist noch gar nicht so lange her“, erinnert sich Jenn Wasner, „wir erinnerten uns unserer musikalischen Seelenverwandtschaft und gründeten eine Band. Wir Zwei. Andere Bandmitglieder sollten her. Doch an der Front passierte nicht wirklich etwas Weltbewegendes. Was brauchen wir andere? Wir sind uns doch selbst genug. Die Duoformation ist geboren.“
Ein Plan war es nicht. Mehr ein Ergebnis.
„Mit ein wenig Liebesmühe in Bezug auf unsere Stücke schenken wir ihnen, auch als Duo, alle Aufmerksamkeit“, resümiert Andy Stack die Entwicklung, „wir beschenken sie mit Schlagzeug-, Keyboard-, Bass- und Gitarrenklängen. Ich denke, es funktioniert.“
Üppige Fülle
„Es war zwar nie die Absicht, dauerhaft als Duo zu spielen. Aber inzwischen können wir uns nichts anderes mehr vorstellen“, gesteht Jenn Wasner. „Wir fühlen die Begrenzung zwar jedes Mal, wenn wir spielen“, gibt Andy Stack zu bedenken, „aber Begrenzungen sind auch Herausforderungen. Das zwingt zu Reduktion. Zu Fokussierung. Und weniger ist bekanntlich oft mehr.“
Als Hörer fehlt einem auch nichts. Da schlurft der Rhythmus, da schleppt sich die Gitarre durch schwerfällig und schwermütig durch das folkangehauchte Stück. Melancholie macht sich breit. Gleich danach wird das Gitarrenbrett ausgepackt, dass es einem heiß und kalt den Rücken hinunterläuft, um in einer Krachwüste zu enden Die aktuelle CD „The Knot“ kommt einem vor, wie ein alter Schrank mit tausenden von Farbschichten. So viel, dass er schon fast als Schrank nicht mehr zu identifizieren ist. Da hilft nur Abbeizen. Nicht brutal. Schicht für Schicht. Langsam. Die übereinander gelegten Schichtebenen sollen ja erfahren, erlebt werden. Um zum wahren Charakter vorzudringen. Da erweist sich auch die Duokonstruktion als gar nicht begrenzt, wenn sie solch inspirierte Ergebnisse zeitigt.
Der Segen des Jimi Hendrix
Wie sind Wye Oak überhaupt zur Musik gekommen, und wie genau zu dieser. „Das ist sehr schnell erzählt“, sagt Andy Stack, „ich erinnere mich genau, als Jimi Hendrix mir damals sagte, ich sei begabt und dann meine Stirn mit gesegnetem Wasser beträufelte.“
Jenn Wasner kann in diesem Zusammenhang nur ihre Mutter ins Feld führen, „sie war es, die mit mir gesungen hat, die mir Gitarrespielen beigebracht hat. Die mich ans Klavier gesetzt hat. Es war Neil Young und seine Musik, die mich dann später fesselte. Ich habe auch schon sehr früh angefangen Stücke zu schreiben. Und das tue ich heute im Duo auch noch.“
So gesegnet und beseelt geben die mutigen und ideenreichen Klanggebäude keinerlei Rätsel mehr auf.
Aktuelles Album: The Knot (Affairs Of The Heart/Indigo)