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AMANDA BLANK

Luder zwischen Liebe und Last

AMANDA BLANK

Wer Lust auf Party hat, wird sich im Verlauf der letzten zehn Jahre sicher einiges von Peaches oder Princess Superstar angehört haben. Das war durchaus risikoreich. War man erst mal angefixt, wollte man immer mehr vom dreist-dreckigen Zeug dieser Sudelaktivistinnen des Electro-Rap haben. Nur bekam man das nicht. Beide Damen gehören nicht zu den produktivsten Kräften der Musikszene, sie legen gerne eine geräumig bemessene Pause ein.

Wie gut, dass es nun Amanda Blank gibt. Ihren Stil muss man sich ähnlich vorstellen. Sie redet, wie ihr der Mund gewachsen ist, bevorzugt nicht gerade stubenreines Vokabular und will Leben in die Clubs bringen. Ein bisschen Erfahrung kann sie auch vorweisen. Amandas rauchige Rap-Stimme taucht schon in einem Remix eines Britney-Spears-Tracks auf („Gimme More“). Dem amerikanischen Nord-Süd-Gipfel des Duos N.A.S.A. hat sie zusammen mit Reggae-Redner Sizzla und CSS-Frontfrau Lovefoxxx einen kurzen Besuch abgestattet. Wer mit den Arbeiten von Spank Rock vertraut ist, kennt auch Amanda Blank. Zusammen mit XXXChange und Aaron LaCrate hat sie das Party-Mixtape „Bmore Gutter Music“ aufgenommen. Zum heißen Hip Hop-Bootylectro-Sound legt man den für Bmore Club typischen eigenwilligen Arsch- und Kniewacklertanz hin. Da macht Amanda gerne mit. Sie kommt aus Philadelphia, ist aber immer dabei, wenn es im benachbarten Baltimore etwas zu feiern gibt.

„Baltimore und Philadelphia sind sich sehr ähnlich, beide Städte sind schmuddelig und bodenständig. Die Künstler hängen alle viel miteinander ab, niemand will den anderen ausstechen. Man ist Hypes gegenüber misstrauisch und setzt lieber auf Kameradschaft. Der ideale Background, um in die irreale Welt des Musikstardaseins hineinzurutschen. Man hebt nicht so leicht ab“, findet Miss Blank, die eigentlich Mallory heißt, aber ihren Nachnamen in Anspielung auf die amerikanische Comedyfigur Jerri Blank (nachsehen, witzig!) geändert hat.

„Diese fiktive Person spricht Dinge aus, die für viele tabu sind oder die man gerne umschreibt. Ich finde die Parallelen frappierend, denn in meinen Raps gebe ich mich wie eine Jerri Blank, rede also ohne irgendwelche Schranken im Kopf. Man sollte nicht humorlos, prüde oder verklemmt sein, wenn man sich auf Jerri oder mich einlässt.“

Wie viele elektronische Musiker unserer Zeit ist auch Amanda ein Kind der achtziger Jahre. Mit dieser Tatsache geht sie ganz offen um. Auf ihrem ersten Album „I Love You“ befindet sich eine Neuversion von „I Need Love“, ursprünglich ein Hit von Onkel LL Cool J. „Might Like You Better“ spielt auf einen Song der Kultband Romeo Void an.

„Diese beiden Titel passen oberflächlich betrachtet nicht so recht zusammen. Ich finde es aber unbedingt erstrebenswert, die Dinge nicht so streng zu definieren. Die Leute sollen nicht denken, es gibt da jetzt diese Amanda Blank, die steht für diese und keine andere Musik. Und es ist ja wahrlich nicht so, dass in den Achtzigern alles großartig war. Ich werde nie ein großer Fan von Huey Lewis & The News sein. Aber Madonna, Michael Jackson und Devo sind schon Leute, die sich in meinem Bewusstsein eingenistet haben.“

Hört sich nach den üblichen Verdächtigen an. Amanda kann aber auch anders.

„Ich bin großer Fan von My Bloody Valentine. Zu Hause neige ich ohnehin mehr dazu, mir düstere Sachen anzuhören. The Cure, Depeche Mode oder Joy Division standen bei mir ganz oben auf der Liste, als ich in der High School war. Vielleicht bin ich in Wahrheit ein Gruftie, wer weiß.“

Gelegenheit, diese Vorliebe öffentlich auszuleben, hat sie inzwischen auch. Seit kurzem ist sie Teil einer Band namens Sweatheart, die deutlich in Richtung Rock geht. Momentan befindet man sich noch in einer Aufwärmphase, ständig stoßen neue Mitglieder hinzu. Aber es hört sich nicht so an, als solle das Ganze bloß ein Hobby ohne ernsthafte Absichten werden.

„Jeder, der in einer Band gespielt hat, erzählt dir davon, wie schwierig es sei, ständig mit denselben Leuten zu arbeiten und sich ihre Launen anzuhören, aber ich persönlich kann mich nicht beklagen. Als Solistin muss ich alle Entscheidungen alleine treffen, das finde ich manchmal ganz schön anstrengend. Es ist doch nett, wenn man mit ein paar Leuten zusammen einen Affen machen kann.“

„I Love You“ ist natürlich auch nicht im Alleingang entstanden. Amanda hat die visionärsten Produzenten für ihre Sache gewinnen können, die man der amerikanischen Ostküste zurzeit kriegen kann. Sie war mit XXXChange, Diplo und Switch (M.I.A., Major Lazer) und Dave Sitek im Studio, von so einer Besetzung können andere nur träumen. Allerdings wird es noch dauern, bis man von den Tracks hören wird, die mit dem Mastermind von TV On The Radio entstanden sind.

„Wir haben da, glaube ich, schon für die nächste Platte vorgearbeitet. Die Stücke mit ihm gehen in eine andere Richtung und sind nicht so cluborientiert. Dave ist ein unglaublich inspirierender Mensch. Er verfügt über unglaubliches Wissen an Musik und ist ständig auf der Suche nach neuen Kicks und Sounds. Er ist wie Diplo, der erschlägt dich auch immer mit seiner Energie. Ich weiß gar nicht, wo die beiden ständig ihre Reserven hernehmen, die schlafen wahrscheinlich nicht.“

Bekanntschaften wie diese machen Amanda natürlich zum Thema. Ihre Reputation wächst dadurch enorm. Die Angelegenheit hat aber auch eine negative Seite, wie sie findet. Im Song „Lemme Get Some“ rechnet sie mit Leuten ab, die sie für bestimmte Zwecke ausnutzen wollen.

„Es ist schon vorgekommen, dass ich von wildfremden Typen angequatscht wurde, die mich fragten, ob ich ihnen die Nummer von M.I.A. geben könnte. Was erlauben die sich? Ich bin doch kein Auskunftsbüro! Wenn mich jemand nach der Nummer meiner Schwester fragt, rücke ich die auch nicht heraus. Manche Leute haben keine Manieren, werden schnell aggressiv und fordernd. Das nervt genauso wie irgendwelche Clubbesucher, die glauben, ich würde es ihnen sofort im Klo besorgen, nur weil ich über Sex rappe. Es ist erschreckend, manch einer kennt da keine Grenzen.“

Sie wird sich schnell akklimatisieren müssen. Wer als Frau zum It-Girl wird, muss sich wohl oder übel an das Ende des normalen Lebens gewöhnen. Zumal das Interesse an Amanda nach Erscheinen von „I Love You“ garantiert weiter zunehmen wird. Mit ihrer flapsigen, nicht verzweifelt auf Skandal spekulierenden Art wird sie den Pop kräftig durcheinanderwirbeln.

Aktuelles Album: I Love You (Downtown / Coop Music)



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