Viel mehr Stil geht eigentlich nicht. Zoot Woman sind schick, Zoot Woman sind hip. Aber Zoot Woman sind auch mehr als das, was oberflächlich erscheint: Das britische Trio ist eine Pop-Band dreier Perfektionisten, die ganz offensichtlich seltsam strukturiert ist, sich dabei aber vor Eleganz und Contenance kaum halten kann.
Jonny ist gut drauf. Gründe hat er dafür auch zugenüge, ist doch nun alles im Kasten, was ihn in der jüngsten Vergangenheit - nicht zu knapp - beschäftigt und aufgerieben hat. Jonny ist gut drauf, wenngleich er doch nicht genau zu wissen scheint, wie er all das finden soll, was hier am Ende herausgekommen ist. Der singende und Gitarre spielende Bruder vom mitspielenden Adam Blake und Mitstreiter des vielleicht gefragtesten Pop-Produzenten dieser Tage, Stuart Price, schaut zurück auf die Anfänge dieser Band, um das Hier und Jetzt verorten zu können:„Gefühlt war ich damals gerade mal fünf Minuten in der Band und schon ging alles ab. Business, Presse und all die anderen Sachen, die ich gar nicht richtig verstand, die aber bereits in vollem Gange waren und an mir vorbeirauschten.“
Jonny redet hier von 2001, als er und diese anderen schicken Typen ihr Konzeptdebüt „Living In A Magazin“ in die Welt setzten. Geschmackvoll gekleidet, unterkühlt im Sound und lässig im Auftreten machten sie die Achtziger zu Beginn des neuen Millenniums wieder salonfähig und gaben dem weltweiten Trash und Clash erst seine Grundlage für alles Weitere.
Viel hat sich in der Zwischenzeit verändert, auch im Hause Zoot Woman. Stuart Price hat mehr mit der einen oder anderen Madonna-Tour mehr um die Ohren gehabt, als Madonna herself und hat auch aufgrund der dicken Produktionen mit Seal, The Killers und den Pet Shop Boys weder Zeit noch Geldnot, um sich diesem schicken Luxus-Hobby Zoot Woman in Gänze hingeben zu können. Während das selbstbetitelte Zweitwerk damals verhältnismäßig schnell auf das Debüt folgte, zollte das Drittwerk den Beschäftigungen aller Tribut: sechs Jahre Totenstille. Bis zu dem Punkt, an dem Adam und Jonny begannen, Songs zu schreiben. Komprimiert und konzentriert ging es ans Werk, ohne Fließbandarbeit abliefern zu wollen:
„Wenn du kreativ bist, musst du auch bis zu einem gewissen Maß praktisch sein – aber das, was man da macht, muss natürlich auch berühren, also eine emotionale Ebene haben.“
Letzteres kann man nicht erarbeiten und macht die Kunst an sich auch stets so schwer – und ein übertriebener Perfektionismus macht sie natürlich auch nicht leichter:
„Ich wünschte, ich wäre manchmal etwas relaxter bei der Sache. Also eigentlich wünsche ich mir sogar, dass wir das alle mal wären. Aber vermutlich muss das so sein, wenn man kreativ ist und seine Kunst ernst nimmt. Denn wenn man nur relaxt an die eigene Kunst herangeht, wird daraus meist doch nur halbgares Zeug, also Musik, die du nach zwei Wochen selbst schon nicht mehr hören kannst.“
Die neuen Songs, die nun auf „Things Are What They Used To Be“ zu finden sind, kann Jonny noch hören. Und das, obwohl die meisten davon bereits zwei Jahre alt sind und sie zum Teil dreimal neu aufgenommen wurden. Ende 2007 hatte die Öffentlichkeit ja schon kurz geglaubt, dass Zoot Woman bereit für Neues wären. Den Song „We Won't Break“ gab es als kostenlosen Download im Internet und sollte ein Vorbote auf das für 2008 angekündigte dritte Album der Briten sein. Aber es ließ auf sich warten, weit mehr als ein Jahr, denn Zeit ist bei diesen Strukturen eben nur bedingt frei verfügbar. Wenn Madonna & Co rufen, muss Stuart eben an den Start. Allerdings ist es nicht nur der zeitliche Mangel, sondern auch ein gewisser Drang zur Perfektion, der gut Ding hier weilen ließ. Nach langem Schrauben und Pfeilen an den Feinheiten - die der Laie schlussendlich dann eh nicht hören wird - bekommt ein auf den ersten Blick unbeschriebener Indie das neue Zoot Woman-Album für die hiesigen Gefilde zur Verfügung gestellt. Die Wahl traf auf Snowhite, den autonomen Neuanfang von Weekender Records Germany, weil man das, was man minutiös poliert hat, nicht in irgendwelche dreckigen Major-Hände legen will, obschon man gar nicht genau weiß, wie man all das finden und einordnen soll, was da jetzt erklingt. Denn das Album ist viel zu frisch und nah, um es einschätzen zu können. Deshalb muss Jonny es auch immer wieder hören, weil er wissen will, wie er es selbst findet. Sicher weiß er nur, dass für ihn „simple Musik immer die beste ist. Wenn man von komplexerer zur einfacheren Musik kommt, anstatt sich von den einfachen Standards zu kompliziertem Schnickschnack zu entwickeln, würde ich ersteres als die erstrebenswerte Entwicklung ansehen.“
Klingt kompliziert, aber Jonny hat Recht – und damit vermutlich auch die eigene Entwicklung der Band zwischen den Zeilen beschrieben. Zoot Woman sind nach sechs Jahren einfacher geworden, dafür aber auch tiefer gegangen. Perfekter Dance-Pop, der nach wie vor extravagant gemacht ist und in jeder seiner Bewegungen eine gute Figur macht. Eleganter kann man einfacher nicht sein.
Aktuelles Album: Things Are What They Used To Be (Snowhite/Universal) VÖ: 21.08.