Ein Album im Zeitraffer: Mehr als drei Jahre verschanzte sich der kanadische Songwriter Hayden Desser hinter Schloss und Riegel. Nach mehreren Startschwierigkeiten und einer großen Unsicherheit ob der eigenen Qualitäten, ist es nun vollbracht: „In Field And Town“ erblickt das Licht der Welt. Zeit zur Entspannung gönnt sich der Macher indes nicht und plant bereits das nächste, groß angelegte Projekt.
Selbstreferenzielle Fiktionen treiben sein Songwriting seit Mitte der Neunziger an – Hayden Desser kann es eben nicht lassen. „Ich habe mir schon oft überlegt, ob ein Konzeptalbum über den Mars einfacher wäre, wenn ich die nötige Fachliteratur studiere“, scherzt der Kanadier gleich zu Beginn des Gesprächs.Obwohl Hayden in Kanada ein kommerziell erfolgreicher Independentmusiker ist und bereits mit Feist auf Tournee war, kennt ihn hierzulande kaum jemand. Doch der Newcomer wider Willen hat gar kein so großes Problem damit. Er genießt den Status des Underdogs und empfiehlt sein neues, fünftes Werk „In Field And Town“ als sein Debütalbum. Klingt komisch, ist aber so.
„Ich habe mehrere Jahre daran gearbeitet und glaube, dass es all meine Qualitäten zusammenfasst. Die Leute in Europa können so in mein musikalisches Schaffen einsteigen, wie ich es zu 100 Prozent vertreten kann. Schlimm wär’s, wenn man meine ersten Aufnahmen erst jetzt bei euch veröffentlichen würde. Die waren mehr schlecht als recht!“
Womit wir bei einem der Hauptprobleme des Hayden Desser angekommen wären: Obwohl niemand bislang an seinen Songs herummäkelte, ist er selbst sein größter Kritiker. Verwirft mehr Songs als ihm lieb sind und verspürt ständig ein brodelndes Gefühl der Unzufriedenheit, was ihm niemand austreiben kann.
Selbst seine Band weiß sich nicht zu helfen, wenn es darum geht, dem Chef Selbstvertrauen zu vermitteln:
„Oftmals komme ich ins Studio, habe die Songs fertig im Gepäck, spiele sie vor und denke: Mist, das könnte alles ganz anders und besser sein – obwohl ich von allen Seiten Zustimmung bekomme!“
Dass die ersten Songs für „In Field And Town“ bereits im Jahre 2005 entstanden sind, wirkt demzufolge wenig überraschend.
Trotzdem: Eine verdammt lange Zeit, in der vor allem die Haltbarkeit der Lyrics immer wieder in Frage stand.
„Wenn du Texte so lange mit dir herumschleppst, dann wirst du irgendwann wahnsinnig. Was eigentlich völlig absurd ist, weil sehr persönliche Texte kein Verfallsdatum haben.“
Deswegen fasste sich Hayden im vergangenen Jahr ein Herz, nahm all den Ballast von seinen Schultern und die Songs endlich auf. Das Ergebnis kann sich hören lassen: Immer wieder sticht die Vielseitigkeit seines Songwritings heraus und sorgt dafür, dass die Platte zwischen leisen Akustikpop und schnelleren Beats nahezu perfekt hin und her pendelt.
Jetzt könnte sich der Schöpfer eigentlich eine Auszeit gönnen und den nächsten Schritt weit von sich schieben. Doch Hayden Desser hat keinen Bock auf irgendwelche Verschnaufpausen und spricht lieber über das nächste Album – welches schon im kommenden Frühjahr erscheinen soll.
„Als ich mit ‚In Field And Town’ fertig war, spürte ich so ein Gefühl von Rastlosigkeit. Anfangs dachte ich noch, dass die finalen Songs der Platte umgeändert werden müssen… Aber darum ging es mir gar nicht, vielmehr schlummerten schon die nächsten Ideen in meinem Kopf und sollten besser jetzt als gleich in die Tat umgesetzt werden.“
Doch das ist am Ende Makulatur angesichts eines Longplayers, der Hayden ein gutes Stück nach vorne bringen wird.
„Was den kommerziellen Erfolg meiner Musik anbelangt, erwarte ich überhaupt nicht viel. Ich hoffe aber, dass den elf Liedern eine faire Chance eingeräumt wird. Es ging mir immer darum, mit meinen Alben etwas zu erschaffen, wo jemand völlig Fremdes einen Zugang findet.“
So gesehen ist er sich bei manchen Dingen sehr sicher.
Aktuelles Album: In Field And Town (Affairs Of The Heart / Indigo)