Entzerrung ist das erste, was beim zweiten Rotterdamer North Sea Jazz Festival im Ahoy ins Auge springt. Natürlich sind tausende Köpfe in Hallen und Fluren zu sehen, doch die dicken Menschentrauben, die im letzten Jahr vor den Sälen zusammen gequetscht wartet, gab es so nicht mehr. Nur vor dem "Nile" kam es zu kleineren Staus, etwa beim Pluskonzert (zusätzlicher Eintritt) von Steely Dan. Superstars, Stars und Sternchen auf vierzehn Podien hielten für jeden Geschmack etwas bereit – Deepsoul oder Funk, Traditional Jazz oder HipHop, Acid Jazz oder Blues. Das zweite: jeder Künstler präsentiert sich nach seinen Möglichkeiten. Wie der alternde Soulstar Sly Stone, der am Sonntag seine Family schmählich im Stich ließ und ein indiskutables, lustloses Set hinlegte. Hohles Brimborium! Anders der noch viel ältere Toots Thielemans: ein souveräner Alter, der entspannt auf einem Barhocker sitzend Ton-Perlen aus seiner Mundharmonika verteilte. Oder der kraftversprühende, mitreißende Anthony Joseph, dessen karibischer Hiphop-Funk den Yukon umwälzte. Die blondeste Saxophonistin Hollands, Candy Dulfer, begleitete den zweiten Auftritt des Bassisten Marcus Miller, der anstelle von Amy Winehouse noch einmal ran musste. Alle wollten die vierzehnjährige Kim Hoorweg erleben, entsprechend voll war es im "Madeira". Hektisches Gewusel allerorten, ein proppevoller "Nile" bei Snoop Dogg – NSFJ 2007 bestätigte jedes Klischee. Trotzdem gab es ruhige Ecken im Ahoy: Zum Beispiel die Ausstellung mit Festivalplakaten in einem der oberen Seitenflügel. Text + Photo: Klaus Hübner