Mackenzie Scott ist glücklich. Jedenfalls glücklicher als sie sich je zuvor gefühlt habe. Das zumindest erklärte die unter dem Projektnamen Torres agierende Indie-Queen bei ihrem erneuten Auftritt im Kölner Bumann & Sohn. Anders als bei ihrem letzten Auftritt an gleicher Stelle vor etwa 18 Monaten (an den sich die Gute gut erinnern konnte, weil dieser an einem der heißesten Tage des Jahres stattgefunden hatte) war der Kölner Club dieses Mal bis auf den letzten Platz ausverkauft. Obwohl das sicher mit der Grund dafür war, dass Torres – entgegen ihrer bisherigen Gewohnheiten – oft wie ein Honigkuchenpferd grinsend vor ihre Fans trat, lag der eigentliche Grund für Torres’ gute Laune darin begründet, dass sie vor kurze, ihre Partnerin Jenna Gribbon geheiratet hatte – was sich dann natürlich prägend auf die ganze Show auswirkte. Bevor Torres und ihre dreiköpfige Band die Bühne betraten, durfte die Lokalmatadorin Tylee mit zwei Musikern an ihrem musikalischen Profil feilen. Veröffentlicht hatte Tylee bis zu diesem Zeitpunkt erst einen Song – bereitet aber gerade die Veröffentlichung ihrer Debüt-LP vor und präsentierte demzufolge Songs, die darauf zu finden sein werden. Tylee macht Folkpop mit Gimmick-Faktor – denn sie spielt konsequent auf einer Ukulele. Offensichtlich hat Tylee viel zu sagen und präsentiert ihre auf Gedichten basierenden Selbstfindungs- und Empowerment-Lyrics mit oft allzu geradlinig strukturierten Songs, die gerne ein wenig Finesse hätten gebrauchen können. Als Songwriterin ist Tylee offensichtlich noch auf der Suche nach einer Identität und hat noch nicht ganz verstanden, wie Songs mit Pop-Charakter funktionieren. Denn die meisten ihrer Tracks basieren auf zwei sich abwechselnden Akkorden, wobei sie dann bemüht ist, diese melodisch alleine über den Gesang aufzuwerten und so gut wie nie zu so etwas wie einem memorablen Refrain findet. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die Musik von Tylee so überhaupt nicht zu dem passte, was die Fans im Folgenden erwartete, dass ihre Show dann nicht so richtig gefeiert werden konnte. Gleich mit dem ersten Titel - „Happy Man’s Shoes“ vom aktuellen Album „What An Enormous Room“ griffen Torres und ihre Musiker das Glückseligkeits-Thema des Abends auf. Das besagte Album entstand zwar noch bevor Mackenzie den Bund des Lebens einging – trotzdem erscheint das Album im Vergleich zu dem überwältigenden Monster-Vorgänger „Thirstier“ vergleichsweise transparenter, gelöster und vor allen Dingen weniger rockig. Ergo setzte Torres bei der aktuellen Show dann auch weniger auf die Grunge-Power vergangener Tage, sondern auf die mittlerweile zur Wissenschaft erhobenen, unglaublichen Sound-Designs, die sie und ihre Musiker mittels Effektgeräten aus ihren Instrumenten hervorzulocken imstande sind. Ohne Frage gab es an diesem Abend die unglaublichsten, teils amüsantesten und teils experimentellsten Klangkaskaden jenseits gängiger Gitarrensounds zu bestaunen, die überhaupt denkbar erscheinen. Das lag daran, dass Mackenzie selbst wie auch Gitarrist J.R. Bohannon an E- und Pedal-Steel-Gitarre seltenst ein Mal die ursprüngliche Klangcharakteristiken ihrer Instrumente zuließen, sondern mächtig auf die psychedelischen Möglichkeiten ihrer Effektpedale setzten. Auch der Umstand, dass die Keyboarderin Erin Manning zugleich als Synth-Bassistin agierte und Drummerin Rosie Slater neben ihrem Drumkit auch abenteuerliche Sounds über Pads und Keyboards beisteuern konnten, wirkte sich in klanglicher Hinsicht förderlich aus. Mit einer selbst für ihren Happy-Modus ungewohnten Körperlichkeit brachte sich Torres selbst performerisch mit ansteckender Begeisterung für ihr Tun ins Geschehen ein und machte sich einen Spaß darauf am Bühnenrand oder im Auditorium für gute Laune zu sorgen und das Publikum anzufeuern. Auch wenn das kaum jemand sehen konnte, weil der Club auf solche Eskapaden keine beleuchtungstechnische Antwort hat: So etwas wäre früher bei einem Torres-Konzert undenkbar gewesen. Ebenso wie auch die einleitenden Stories die Torres zu ihren neuen Songs beisteuerte, denn hier legte die Auteurin bloß, dass es bei Tracks wie „Jerk Into Joy“ oder „Waking To Flowers“ tatsächlich um Liebeslieder ohne doppelten Boden geht. Interessant waren dabei noch die Songauswahl und die Setlist, denn neben den neuen Tracks mischte Torres an relevanten Positionen ältere Hits wie „Skim“, „Three Futures“, „Thirstier“ oder „Sprinter“ ein und ließ so auch die Grunge-Power nicht ganz außen vor. Die Empowerment-Hymne „Collect“ - den einzigen Song der in dieser Hinsicht auf dem neuen Album etwas zu bieten hat – platzierte sie sogar erst am Ende der Show. Fazit: Torres 2024 präsentierte eine emotional runderneuerte Mackenzie Scott – und somit auch endlich eine nahbare Version ihrer selbst – inklusive überraschender Entertainer-Qualitäten und einen im Vergleich zur letzten Show im Bumann glasklaren Sound.
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