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ILGEN-NUR & SABA LOU

27.11.2023, Bumann & Sohn, Köln

Bereits bei ihrem Köln-Debüt auf ihrer ersten Headliner-Tour im Jahre 2019 hatte Ilgen-Nur im Bumann & Sohn einen gefeierten Einstand gegeben. Deswegen war es nicht so überraschend, dass der Zuspruch bei der aktuellen „Purple Moon“ Tour dann auch so groß war, dass sich der Club recht schnell füllte – auch mit vielen „neuen Leuten“, wie das Ilgen-Nur im Folgenden nannte. Als Support hatte sich Ilgen-Nur die Berliner Songwriter-Kollegin Saba Lou mitgebracht. Die Tochter des King Khan-Vorsitzenden Arish Ahmad Khan hat dabei offensichtlich den Sinn ihres Vaters für eigenartige musikalische Polarisationen und harmonisch wagemutige Experimente geerbt – gleichwohl sie ihre Songs zusammen mit ihrem Drummer – mit einem performerischen Selbstbewusstsein, das schlicht keinen Widerspruch duldete - im Weird-Anti-Folk-Setting darbot. Neben Songs, die vom Star-Tracks-Universum inspiriert sind und beispielsweise von Dates mit Borg-Queens handeln, überzeugte Saba Lou auch mit dem Of-Montreal-Cover „It’s Different For Girls“, das sie schlicht als Empowerment-Statement kaperte und einem Song ihres in Kanada geborenen Vaters, die Anliegen indigener First Nations zum Thema hatte. Dabei präsentierte sich Saba Lou zwischen als redegewandte, amüsante Plauderin, die ihr Recht auf künstlerische Anerkennung mit Nachdruck einforderte.

Bei der folgenden Show von Ilgen-Nur und ihrer Band dominierte dann das künstlerische Konzept eine mögliche spontane Quirkyness. Auf ihrem zweiten Album „It’s All Happening“, das es auf dieser Tour unter dem Leitmotiv des Songtitels „Purple Moon“ zu präsentieren galt, hatte sich Ilgen-Nur einen musikalischen Quantensprung verordnet und sich von der rockenden Slacker-Queen, als die sie sich noch mit dem Debüt-Album „Power Nap“ präsentiert hatte zur ambitionierten Art-Rockerin gewandelt. So etwas verpflichtet dann auch performerisch. Anstatt also locker drauflos zu rocken, musste den komplexen Arrangements der Studio-Produktionen Rechnung getragen werden. So begann das Set mit dem dramatischen Instrumental „Der Stern“ und endete dann (während des Zugabenblocks) mit dem vielschichtigen „Purple Moon“ - aber eben nicht im straighten Rockmodus. Dazwischen präsentierte sich Ilgen-Nur als kontrollierte und kontrollierende, aber eher distanzierte Performerin, die nur gelegentlich den Kontakt mit dem Publikum suchte - beispielsweise, wenn sie sich über die neu hinzugekommenen (und übrigens recht jungen) Fans freute, oder wenn sie ihren Signatur-Track „Cool“ mit der Geschichte ihrer musikalischen Laufbahn verband und die Anekdote von den Anfängen derselben erzählte. Gelegentliche, angedeutete „Gitarrenduelle“ zwischen Ilgen-Nur und ihrem Gitarristen Paul Pötsch sorgten für ein wenig Event-Flair – auch wenn sich auch daraus keine großartigen Rockstar-Szenarien entwickelten. Sicherlich war das dann im klassischen Sinne kein schlechter Konzertabend – aber etwas mehr performerische Empathie seitens Ilgen-Nur wäre da doch wünschenswert gewesen; auch wenn die kühle Zurückhaltung zu Ilgen-Nur’s Persönlichkeit zu gehören scheint und es in ihren Songs auch nicht ausschließlich um das Vermitteln von Emotionen geht, sondern eher um ihre Sicht der Welt.


Dezember 2023
ILGEN-NUR & SABA LOU
THE BROS. LANDRETH
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