BEABADOOBEE

Willkommen in der Parallelwelt: Eine Hunderte Meter lange Schlage, die schon weit vor dem Einlass den Trude-Herr-Park vor dem Kölner Stollwerck verstopft und Teenie-Tränen bei der Ausweiskontrolle am Eingang, weil der Jugendschutz greift, lassen bereits erahnen, dass dies kein gewöhnlicher Konzertabend wird. Mit Beabadoobee ist eine waschechte Gen-Z-Hype-Ikone in der Domstadt zu Gast und deshalb ist die Musik praktisch nebensächlich. Jung, weiblich, asiatisch, das wird schnell klar, sind an diesem Abend wichtigere Identifikationsmerkmale als die Songs der 22-jährigen, in Thailand geborenen Britin Beatrice Ilejay Laus. Auf ihrem letztjährigen Album mit dem famosen Namen ´Beatopia´ zelebriert die Senkrechtstarterin mit kompletter Band im Rücken einen Sound, der an anderer Stelle bereits treffend als „Dreifaltigkeit aus Lo-Fi, kratzigem Indierock und Bedroom-Pop“ beschrieben worden ist, bei ihrem restlos ausverkauften Gastspiel in Köln dagegen erleben wir Bea von ihrer ursprünglichsten Seite. Nur betont dezent begleitet von ihrem Partner-in-crime Jacob Bugden, sitzt sie – etwas versteckt hinter einem großen Notenständer – lässig, aber bisweilen etwas statisch auf einem Barhocker, die Akustikgitarre in Händen und bringt so ihre melancholiegetränkte Stimme selbst in den leisen Momenten besonders gut zur Geltung, wenn sie mit ihren mitten aus dem Leben gegriffenen Songs genau den Sweetspot zwischen Wohlfühl-Feeling und Eskapismus trifft. Besonders anstrengen muss sie sich dafür nicht. In geradezu blinder Begeisterung singt das Publikum jede Zeile mit, sorgt ganz am Ende bei der aktuellen Single ´Glue´ sogar für eine farbenfrohe Choreografie und quittiert auch sonst jede noch so knappe Äußerung Beas mit kreischender Zustimmung. Dass der Auftritt bereits nach sehr kurzen 50 Minuten mit der 2017er-Debütsingle ´Coffee´, einst Auslöser der viralen Hysterie, zu Ende geht, stört offenbar niemandem im Saal. Die reine Anwesenheit der Künstlerin ist an diesem Abend tatsächlich wichtiger als ihre Musik.

©1996-24  WESTZEIT | 2023.04.01 | Autor: Carsten Wohlfeld | › kontakt › impressum › datenschutz | › Besuche uns auf Facebook