Wallis Bird schon zum Spaßen aufgelegt, bevor ihr Gastspiel beim Indie Radar Ruhr Open Air auf dem Innenhof von Schloss Oberhausen überhaupt beginnt. Winkend, tänzelnd, lachend zelebriert die in Berlin heimische Irin schon den Weg aus dem Backstage, als sei ihr Ziel nicht ein Singer/Songwriter-Konzert in Oberhausen, sondern die Titelverteidigung der Boxweltmeisterschaft im National Stadium von Dublin. Eine Szene mit Symbolcharakter: Zwei Stunden lang wird die quirlige Musikerin aus kleinen Dingen eine große Sache machen und anschließend das ihr treu ergebene Publikum richtig glücklich nach Hause schicken. Solo steht Bird an diesem Abend auf der Bühne, aber das vergisst man schnell, denn das 39-jährige Energiebündel hat alle Tugenden einer Straßenmusikerin verinnerlicht und scheint zudem am liebsten zehn Dinge gleichzeitig zu tun. Oft ist der Wechsel zwischen Gitarre, A-cappella, Loops und mitgestampften Beats geradezu fliegend und ellenlange Anekdoten werden mit ausschweifenden Körpergesten unterlegt, als würde sich die Welt aufhören zu drehen, wenn Frau Bird mal still steht und sich nicht in bestem Denglisch um Kopf und Kragen redet. So beeindruckend diese Energieleistung auch ist – ihr wüster Stil, die Gitarre zu attackieren, sorgt dafür, dass sie nicht nur gleich mehrfach Saiten schreddert, sondern bisweilen auch die Nuancen ihrer Lieder. Die wahren Highlights sind deshalb eher die stillen Momente, für die Bird kurz die Melissa-Etheridge-würdige Power gegen folkige Feinheiten eintauscht. Weil ihr nach der Tour de Force zuvor am Ende fast die Stimme versagt, gestaltet sich auch das Finale wohltuend ruhig. Erst sucht sie sich ein paar frei gebliebene Stühle vor dem Mischpult, um gemeinsam mit ihrer Tourmanagerin und Partnerin Tracey Kelleher und dem Tontechniker Aidan Floatinghome als Harmoniestimmen aus dem Zuschauerraum heraus unverstärkt ´In Dictum´ zu singen, um dann zurück auf der Bühne als letzte Zugabe das ergreifende ´You Are Mine´ aus ihrem umjubelten Erstling ´Spoons´ im Schneidersitz zum Besten zu geben. Das hebt nicht nur ein letztes Mal den DIY-Charme hervor, der das ganze Konzert umweht hatte, es unterstreicht auch, dass Wallis Bird die Rolle als nachdenklich-besinnliche Songautorin eigentlich sogar besser zu Gesicht steht als die der vor Lebenslust überschäumende Buskerin.
Weitere Infos: www.wallisbird.com