Der kleine Saal auf der Rückseite des Brüsseler Ancienne Belgique bietet Haley Heynderickx an diesem Abend die ideale Bühne – gerade, weil es gar keine gibt. Wegen des großen Andrangs sitzt das Publikum der Künstlerin im wahrsten Sinne des Wortes zu Füßen und schafft damit genau die intime Atmosphäre, in der die junge US-Singer/Songwriterin so richtig aufblüht. Ohne dass ihre ausführlichen Ansagen wie auswendig gelernt klingen, lässt Haley ihr Publikum mit entwaffnender Ehrlichkeit, aber doch pointenreich an den Geschichten ihrer Songs teilhaben. Hatte sie zuvor am liebsten von Insekten oder Gartenarbeit gesungen, sind es nun die Menschen aus ihrem Umfeld: ´Ayon´s Kitchen´ entzückt mit dezentem Nick-Drake-Vibe und ist ihrer Mitbewohnerin gewidmet, während ´Slow Walking´ davon handelt, dass sich zuletzt gleich zwei Ex-Partner Haleys verlobt haben. „Ich habe zuerst gedacht, das sei ein Fluch, aber letztendlich habe ich ihnen geholfen!“, scherzt sie – und unterstreicht gleichzeitig ihr Talent, gewöhnliche Situationen aus unvermuteten Perspektiven zu betrachten. Beim ´Untitled God Song´ klingt sie mit Bottleneck und Bigsby, als habe sie schon seit Jahrzehnten den Blues, und bei feinen Coverversionen von Jackson C. Franks ´Blues Run The Game´ und Townes Van Zandts ´Rex´s Blues´ beweist sie ihr immenses instrumentales Können als Fingerpicking-Folkie. Nach dem Konzert lässt der Andrang am Merch-Tisch erst nach, als auch die allerletzte LP verkauft ist, und auch sonst fühlt sich diese Belgien-Premiere an wie der Beginn einer großen Liebe.
Weitere Infos: www.haley-heynderickx.com