"Are We There", fragt Sharon Van Etten vorsichtig im Titel ihrer neuen LP. Die Antwort erhält die wunderbar unangepasste New Yorker Singer/Songwriterin bei ihrem triumphalen Gastspiel in Berlin: Der Saal ist bereits seit Wochen restlos ausverkauft und das Publikum schon vor dem Auftritt geradezu euphorisch. Perfekt eingestimmt durch Supportact Lyla Foy reproduziert die Amerikanerin an diesem Abend allerdings keineswegs nur die feinen Studioversionen ihrer Songs. Mit ihrer sagenhaften Band im Rücken klingen selbst das auf der Platte fast schon etwas zu schwelgerisch-poppig geratene "Afraid Of Nothing" oder das unbarmherzige "Your Love Is Killing Me" deutlich erdiger und handgemachter, ohne deshalb ihre leidenschaftliche Kraft einzubüßen. Weil die neuen Nummern den Löwenanteil des Sets ausmachen, bleibt nicht viel Zeit für alte Highlights. Für Gänsehaut bei "Give Out", ungebremste Rock-Wucht bei "Serpents" und pure Emotionen bei "Don't Do It" reicht es trotzdem. Im Gegensatz zum Abend zuvor in Köln, als Sharon müde, unkonzentriert und von technischen Problemen geplagt war, verzichtet sie in Kreuzberg zwar fast komplett auf ihre berühmten sarkastisch-komischen Ansagen, doch ihre ungeschminkt autobiografischen Lovesongs ohne Happy End erzählen bekanntlich genug. Es sind Lieder, die von Herzen kommen und direkt auf die Herzen der Zuschauer zielen, und die lange Schlange bei der Autogrammstunde nach dem Konzert unterstreicht eindrucksvoll, dass sie ihre Wirkung auf das Berliner Publikum nicht verfehlt haben.
Weitere Infos: www.sharonvanetten.com