(Verbrecher Verlag, 219 S., 16,00 Euro)
David Wagner ist zwar nicht dort geboren, lebt aber lange genug in Berlin, um die Stadt zu kennen und sich in gewisser Weise auch zu ihrer Verteidigung berufen zu fühlen. Er lebt vom Bücherschreiben, in schöner 10-Jahres-Regelmäßigkeit legt er dabei eines vor, das die Eindrücke seiner Spaziergänge durch die Stadt versammelt. Denn Wagner ist ein Flaneur, jemand der (nur scheinbar) ziellos durch die Straßen läuft und die Stadt, ihre Häuser und ihre Bewohner auf sich wirken lässt. Melancholisch, zuweilen leicht melodramatisch, manchmal aber auch einfach nur besoffen von Schönheit oder traurig zeigt er sich als feiner Beobachter, der langsame Schritt offenbart die Details. Hierin und in seiner offenen, Soziologie, Architekturkritik und Biologie vereinenden Sichtweise folgt er (ganz sicher nicht unbewusst) Lucius Burckhardts Idee einer "Spaziergangswissenschaft". Man muss Berlin weder kennen noch mögen, um an diesen kurzen, auch stilistisch brillanten Essays großen Spaß zu haben. Es hilft allerdings, wenn man den Bierpinsel, das Gleisdreieck (mit Hund) oder den Flughafen Tegel beim Lesen vor Augen hat. Wagner liebt das "alte" Berlin (ganz egal, ob das der Kaiserzeit, das WestBerlin der 80er oder den wilden Osten der frühen 90er), lässt ihm (manchmal schweren Herzens) durchaus den Raum zur Veränderung und ist oft doch auf wundervolle Weise nostalgisch. Selbst im Gewerbegebiet.Weitere Infos: www.verbrecherverlag.de/book/detail/1067