(Katapult Verlag, 305 S., 20,00 Euro)
Kasimir und Mia sind Vater und Tochter und leben im Wald. Irgendwo in Deutschland, ihre Lager sind so gut getarnt, dass manchmal selbst Tiere in die über Erdmulden gehängten Planen stolpern. Kasimir verachtet die dekadente Zivilisation und ihre monströse Unfähigkeit, mit der Natur auch nur ansatzweise klar zu kommen (von einem unabhängigen, autark-selbstbestimmten Leben IN der Natur ganz zu schweigen). Aber er hat seine Kenntnisse über Jagen und Fallenstellen, über Feuermachen und Werkzeugebasteln an seine Tochter weitergegeben. Die kennt gar keine andere Lebensweise und ist daher sehr überrascht und unsicher, als sie eines Tages einen schlafenden Jungen im Wald findet. Sie hat eben ihr erstes Wildschwein allein getötet - er sich auf der Flucht vor dem (relativ) bürgerlichen Leben bei seiner labilen Künstlermutter in der Wildnis verirrt. Doch Sören findet schnell Gefallen an der archaisch-abenteuerlichen Form des Widerstands, die Mia und ihr Vater praktizieren. Denn nebenbei zünden die beiden Felder an oder stören die quasi-industriellen Abläufe der Agrarkonzerne auf andere Weise. Kleine Anschläge gegen ein als falsch erkanntes System: Thielemann lässt dahingestellt, ob das und Kasimirs amoralischer Darwinismus ethisch vertretbar ist. Eine Meinung hierzu soll, ja muß sich der Leser selbst bilden, wie auch zu dem Umstand, dass die Guerilla-Aktionen zunehmend brutaler werden und schließlich – zumindest nach den Maßstäben eines humanen Miteinanders – komplett aus dem Ruder laufen. Denn so wie Mias Zweifel wachsen, wächst Sörens Begeisterung fürs Radikale. Dieses Buch huldigt weder einer kitschigen WaldläuferRomantik noch begnügt es sich mit simpler Kritik der spätkapitalistischen Entfremdung – nein, "Zwischen den Kiefern" ist ein moralphilosophischer Abenteuerroman, bei dem Moral wie Abenteuer zu ihrem Recht kommen. Und als Geschichte vielleicht gar nicht so abwegig, wie man zuerst denken mag.Weitere Infos: www.katapult-verlag.de/programm/9783948923266-zwischen-den-kiefern