Gleich vorweg: Die zweite Scheibe der schottischen Power-Anarchos um Adele Bethel heißt nicht "Repulsion Box", weil sie besonders eklig geworden ist, sondern versteht sich als Hommage an den Roman Polanski Film "Repulsion" mit Catherine Deneuve in der Hauptrolle. Denn die Sons And Daughters lieben paranoide Filme wie jene von Polanski oder auch David Lynch.
"Ich wollte von Anfang an, daß der Name des neuen Albums wie ein Filmtitel klingt", erzählt Adele, die ihre Laufbahn ja bekanntlich als Gast-Sängerin bei Arab Strap begann, "unser Gitarrist Scott (Paterson) wollte es ja ‘Blue Velvet’ nennen – das hätte aber rechtlich Ärger gegeben. Ich liebe Polanski’s ‘Ekel´. Denn der subsummiert alles, wofür auch diese Scheibe steht: Ekel, Angst und Frustration." Moment mal: Das sind aber doch alles ziemlich seltsame Leitmotive für das Image eines Albums, oder? "Es hat alles auch ein wenig mit Pandora’s Büchse zu tun", wirft besagter Scott ein, "deswegen auch ‘Repulsion Box’. Es gibt nämlich auch noch diese Neben-Themen wie ‘gefangen sein’, ‘Platzangst’ und so etwas. Das ist ein typisches Glasgow-Ding. Es ist da nämlich so, daß Du in diesen engen Gassen ewig die Fußschritte anderer Leute hörst – egal wie weit die weg sind. Da wirst Du schon mal paranoid." Nun gut, das erklärt den Wahnsinn – aber noch nicht diese ungestüme, ja geradezu beängstigende Energie, die die Musik der Söhne und Töchter auszeichnet und aus dem allgemeinen Alternative-Brei herausragen läßt. "Also ehrlich gesagt, haben wir ja vergleichsweise langsam angefangen", räumt Scott ein, "aber als wir eines Tages aus Jux heraus beschlossen, alles mit doppelter Geschwindigkeit zu spielen, da machte für und auf einmal alles Sinn. Und es machte auch mehr Spaß. Plötzlich entwickelten die Charaktere unserer Songs auch ein gewisses Eigenleben." "Es hat auch damit zu tun, daß wir aus der Post-Rock-Ecke kommen", überlegt Adele, "das war wirklich ein großes Ding in Glasgow, ist dann aber plötzlich ausgestorben. Und ehrlich gesagt, spielt in Glasgow auch niemand mehr energische Musik." "Genau", stimmt Scott zu, "wir spielen deswegen so schnell und laut, weil es sonst keiner macht." "Ja, das ist ganz klar eine Reaktion auf das, was wir selber erlebt haben", meint Adele, "wann immer wir zu irgendwelchen Shows gingen, gab’s da diese Typen mit ihren Gitarren, die diese langsamen und düsteren Songs spielten. Und da haben wir einfach beschlossen, etwas Anderes zu machen. Die Zeit fühlte sich jedenfalls reif dafür an." "Wir mögen auch selber Alben, die kurz und bündig sind, wie z.B. die der Ramones", verrät Scott, "das ist wie ein Schlag ins Gesicht, der einfach belebend und energisch ist. Diesen Eindruck wollen wir auch mit unserer Musik vermitteln." Und was will uns in diesem Zusammenhang die von Ailidh Lennon gespielte Mandoline sagen, die ja doch bei einer Gitarrenband ziemlich ungewöhnlich erscheint? "Das war eher ein Zufall", erinnert sich Scott, "denn Ailidh’s Eltern sind Hippies. Sie ist mit Hippie Musik aufgewachsen und ihr Vater hat ihr zum Geburtstag eine Mandoline geschenkt und das haben wir dann mal ausprobiert, und das paßte ganz gut. Es war also ein glücklicher Umstand." "Außerdem mögen wir Led Zeppelin", meint Adele abschließend, "und die hatten schließlich auch eine Mandoline." Was ein Glück, daß die Sons And Daughters bei all dem offensichtlich zwischen Kunst und Leben unterscheiden können. Anders als die psychopathischen Mörder in ihren Songs sind Adele und Scott nämlich freundliche, nette Menschen geblieben. Jedenfalls augenscheinlich.