Strom, Gas und Wasser zahlt die Stadt Kleve, alles andere liegt im Portemonnaie und den Händen der Mitarbeiter des selbst erwalteten Jugend- und Kulturzentrums "Radhaus" in Kle-ve. Getragen wird das weit über Kleves kommunale Grenzen hinaus bekannte "Radhaus" vom Klever Jugendwerk und hält seit 1977 die Jugendszene der Stadt mehr oder weniger auf Trab. "Damals verfügte das Radhaus über eine Unterkunft in der Steinstraße", erzählt Andre Gerritsen, der seit 1991 zum Mitarbeiterstamm und damit schon zum älteren Eisen der Aktiven zählt. Nur Georg Kolberg ist von der Anfangscrew noch übrig geblieben. "Der Mietvertrag lief aus und sollte nicht verlängert werden, weil ein bundesweit bekannter Discounter dort ein großes Ding drehen wollte." Die "Radhaus"-Macher waren jung und brauchten das Geld: kurz entschlossen räumten sie ein Jahr vor Vertragsende die Behausung und kassierten dafür vom Discounter eine erkleckliche Summe.
Räumlichen Ersatz fand der "Verein Radhaus e.V. auf dem Sommerdeich in Kleve, wo das ziemlich herunter gekommene Gebäude eines Gewerbebetriebes von Grund auf renoviert werden musste. Grundstück und Haus sind Eigentum des "Radhaus"; zur Finanzierung wurde sogar eine Hypothek aufgenommen. Die Renovierungsdevise lautete: soviel wie möglich aus eigener Hand schaffen. Das funktionierte dank der uneigennützigen Hilfe vieler guter Geister ausgezeichnet, bis auf die Kanal- und Dachdeckerarbeiten entstand alles in eigener Regie. Die Mühen lohnten sich, aus der Ruine reckte sich ein annehmbares Domizil für die nahe und ferne Jugend ab 16 Jahre empor.Von weitem sieht man denn auch schon das Erkennungszeichen: ein hölzernes Speichenrad, das noch von der Steinstraße stammte, wo es irgendjemand im zurückgelassenen Inventar des Hauses gefunden hatte und das kurzerhand als Namensgeber und Identifikationssymbol benutzt wurde. Aus und mit eigenen Händen kümmerten sich seit dem diverse "Radhaus"-Crews um die alternative Musikszene im Klever Raum. Nachgelassen haben dagegen die damals noch installierten Arbeitsgruppen, die sich etwa mit Politik beschäftigten und auch Reisen nach Japan und Rumänien organisierten. "So um 1989/90 gab es einen Bruch bei den Mitarbeitern", erklärt Andre Gerritsen, "ab da drehte sich fast alles nur noch um Musik. Was sich an der beeindruckend langen Liste der seit dem engagierten Bands und Solokünstler ablesen lässt. Auch WESTZEIT-Herausgeber Holger Seeling stand von zwölf Jahren mit "Sun" auf dem kleinen Radhaus-Podium. Guano Apes (vor und nach ihrem Durchbruch), Walkabouts, Maximum Bob, Blumfeld, Gary Floyd Band, Tom Liwa, Delinquent Habits – alles schon da gewesen. Besonders stolz ist man im Team auf die Verpflichtung von T.M. Stevens & The Shocka-Zooloo-Band im Oktober 2004; damals suchte die aus Kleve stammende Managerin für die Band in Deutschland Auftrittsmöglichkeiten.
Als die galoppierende Humorwelle noch nicht (fast) jeden Spaß hinweg fegte, war das Rad-haus schon kabarettistisch unterwegs – mit Laut & Lästig, 3 Gestirn Köln Eins, Volker Pispers, Der Telök. In diesem Jahr tritt das "Radhaus" zum zwanzigsten Mal als Veranstalter der Abi-Fete auf – auch das beweist, wie hoch das Heim am Sommerdeich in der Gunst ver-schiedener Generationen steht.
Das Jubiläum wird im Sommer gebührend gefeiert: ein dreitägiges Festival verwandelt die Industrieregion Kleves in ein rockendes und rollendes Junge-Leute-Terrain. Auf den Comedy-Tag am 21. Juli (u.a. Bernhard Hoecker) folgen zwei hochklassisch besetzte Musiktage: freitags mit den Headlinern Die Happy und Juli, samstags mit Blackmail, Klee, T.M. Stevens und H-Blockx. Wer dann mit dem Rad kommt, findet am "Radhaus" erstens unkompliziert Parkmöglichkeiten und zweitens beste Stimmung.
Weitere Infos: www.radhaus-kleve.de