„Ein bisschen seltsam kommt es mir schon vor, wenn ich mir vor Augen führe, dass ich inzwischen seit zwanzig Jahren Musik mache“, sinniert Lloyd Cole bei unserem Gespräch in Köln. „Schließlich ist das fast mein halbes Leben. Trotzdem bin ich mir immer noch nicht sicher, ob Musiker wirklich der Job ist, den ich für den Rest meines Lebens machen werde. Wenn ich mir nächstes Jahre eine andere Arbeit suchen würde, könnte ich in dem Job ja auch noch zwanzig Jahre tätig sein und wäre trotzdem erst Anfang 60.“
Eine bemerkenswerte Aussage, schließlich klammern sich ganze Heerscharen von Musikern, die weit weniger Talent haben als der in den USA heimisch gewordene britische Troubadour Cole an ihre Karriere im Musikbiz. Kommerzielle Erfolge feierte der Singer/Songwriter zwar nur selten, und wenn, dann kamen sie überraschend (der frühe Hit „Perfect Skin“ mit seiner ersten Band The Commotions kam ebenso unerwartet wie später der Soloerfolg mit „Like Lovers Do“), doch alle Rückschläge haben ihn nicht davon abgehalten, mit „Music In A Foreign Language“ sein wohl bestes Album seit seinem Debüt „Rattlesnakes“ aus dem Jahre 1984 aufzunehmen. Das neue Album vereint in karger Atmosphäre – häufig beschränkt auf’s Wesentliche: Akustik-Gitarre, Klavier und Coles ausdrucksvolle Stimme – alle Tugenden der drei vorangegangenen, äußerst unterschiedlichen Werke „The Negatives“, „Etc.“ und „Plastic Tree“ und soll nun das schaffen, was allen anderen nicht gelang – sein Publikum finden. „Ich bin sehr glücklich, dass sich mehr Leute für dieses neue Album interessieren als für meine vorherigen. Ich will daraus Kapital schlagen und diese Platte einer möglichst breiten Öffentlichkeit vorstellen. Ich habe vier Jahre daran gearbeitet, und es wäre mir schon wichtig, dass das nicht spurlos an den Leuten vorbeizieht. Meine letzten Alben sind eher heimlich, still und leise erschienen, was teils mit dem Label zu tun hatte, das sie veröffentlicht hat, teils mit der Plattenfirma, bei der ich davor war. Da ist vieles nicht glatt gelaufen.“Als gebranntes Kind stellte Cole seinen Arbeitsablauf um. „Früher habe ich die Arbeit an einem neuen Album begonnen, wenn die Plattenfirma mir den Vorschuss überwiesen hatte, vielleicht auch, weil ich Angst hatte, meine Inspirationsquellen könnten versiegen. Heute arbeite ich anders. Ich mache meine Platten erst, wenn ich das Gefühl habe, dass die Songs soweit sind. Und ich nehme auch erst Geld von einem Label, wenn alles komplett fertig ist.“ Lange Zeit war er solo auf Tournee, schrieb unterwegs neue Songs, testete sie vor Publikum und entschied sich letztendlich für neun eigene Stücke und Nick Caves „People Ain’t No Good“, die nun „Music In A Foreign Language“ bilden. „Ich hoffe, dass ich so weiterarbeiten kann. Ich möchte jetzt nur noch Platten machen, die meinem Repertoire wirklich etwas hinzufügen und es nicht nur duplizieren. Wenn ich so an die Sache herangehe, wäre es auch kein Beinbruch, wenn ich keine weitere Platte mehr aufnähme.“
Und auch wenn wir hoffen wollen, dass Cole diese Drohung nicht in die Tat umsetzt, wollen wir zum Schluss noch wissen, ob er denn das Gefühl habe, dass er alles erreicht habe, was er als Musiker angestrebt hat, und deshalb in der Tat dem Business ruhigen Gewissens den Rücken kehren könnte, um sich seinem Hobby, dem Golfen, zu widmen? „Nein, ich habe nicht das Gefühl, alles erreicht zu haben. Aber wer außer Bob Dylan oder Pete Sampras kann das schon von sich behaupten?“
Weitere Infos: www.lloydcole.com Foto: Sanctuary Records