interviews kunst cartoon konserven liesmich.txt filmriss dvd cruiser live reviews stripshow lottofoon

PUBLIC IMAGE LTD.

Dub und Bass

PUBLIC IMAGE LTD.

Im Oktober ist John Lydon mit Public Image LTD auf Tour. Auch in Deutschland wird es Konzerte geben, so z.B. am 08.10.23 im Hamburger Grünspan. Kürzlich erschien mit „End Of The World“ das elfte PiL-Studio-Album.

Wenige Monate nach der Auflösung der Sex Pistols begann mit der Single ´Public Image´ die Karriere der Band, die bis heute anhält. Bahnbrechende (´Metal Box´) und erfolgreiche Alben (´Album´) folgten. Auf ´Happy?´ waren 1987 erstmals Lu Edmonds (Gitarre, Ex-The Damned) und Bruce Smith (Schlagzeug, Ex-The Pop Group) zu hören. 1993 erfolgte - nach weiteren Wechseln im Line Up - die (jedoch nie offizielle) Trennung von PiL. Seit der Reaktivierung im Jahre 2009 gehört neben dem einzigen All-time-Mitglied Lydon, Edmonds und Smith zudem Bassist Scott Firth zum Team. Nach ´This Is PiL´ (2012) und ´What The World Needs Now…´(2015) erschien vor wenigen Tagen mit ´End Of The World´ die dritte Studio-Song-Sammlung in derselben Besetzung.

Das elfte PiL-Studioalbum handele von Menschen, die nicht tapfer genug sind, die außergewöhnlich aktuelle Herausforderung der Menschheit anzunehmen, sagt Lydon beim Interview:

„Wenn wir nicht endlich damit beginnen, richtig miteinander zu kommunizieren, werden wir alles zerstören!“

Er benötige keine Kriege, um rechtschaffend sein zu können. Menschen sind ihm derzeit politisch zu extrem links oder rechts. Ihm sei Toleranz wichtig. Die „harten Zeiten“ sind das Thema, das den Künstler durchgehend beschäftigt. Bereits 2012 hatte der aus dem Londoner Stadtteil Finsbury Park - einem sehr multikulturellen Areal- stammende Künstler erklärt, dass hier Rassismus nie eine Rolle gespielt hätte: „Dort waren viele Farben, sehr viele Einflüsse. Das hat uns ein besseres Universum beschert!“

Sein eigenes Universum zerbrach im April durch den Tod seiner Ehefrau Nora Forster, mit der er seit 1979 verheiratet war. Die fünfzehn Jahre ältere, deutsche Verlegertochter (Exfrau des Schlagersängers Frank Forster – deren gemeinsame, 2010 verstorbene Tochter Ariane war Patenkind von Udo Jürgens, und unter dem Namen Ari Up Sängerin der ersten englischen Damen-Punkband The Slits) war der Alzheimer-Krankheit erlegen. Obwohl der deutsche Promoter bat, idealerweise nur über das neue Album, und nicht über den Tod der Ehefrau zu sprechen, thematisierte der irischstämmige Lydon das Thema aus freien Stücken, als die Single „Hawaii“ diskutiert wurde. Der Song sei einerseits für eine TV-Show - gemeint war der irische Vorentscheid für den Eurovision Songcontest 2023 (ESC) –entstanden:

„Wenn ich gewonnen hätte, wären wir mit dem Titel zum ESC gekommen. Es war eine exzellente Fernseh-Show, für die man mich gebeten hatte, den Titel erstmals live zu performen. Der Song behandelt den unglaublich traurigen Tod meiner Ehefrau. Es brach mir das Herz, damit aufzutreten. Andererseits war es wunderbar, dass sie mich damit haben auftreten lassen. Nora hatte es, bevor sie starb, so sehen wollen. Es war ein sehr, sehr wichtiger Moment für mich. Respekt für die Organisatoren! Es gibt in dieser Welt noch einige gute Menschen! `Hawaii´ ist komplett ein Liebes-Lied."

Nun sei es eine traurige Erinnerung, vergleichbar mit einem Blick auf eine alte Postkarte.

„Doch das macht es keinesfalls weniger relevant für meine Existenz. Nora war das Wichtigste, was ich je kennenlernen durfte. Ich hoffe, einige ihrer noch lebenden Familienmitglieder treffen zu können, wenn wir auf unserer kommenden Tournee (am 06.10.) in Stuttgart spielen. Es war wunderbar, `Hawaii´ mit dem Herzen schreiben zu können."

´Hawaii´ ist als Track 13 der letzte Titel auf dem kommenden Album, dessen Cover (wie auch bereits die beiden zuvor) von Lydon selbst gemalt wurde: „Es ist ein Abschied von meinem Schatz! Niemand wird sie je ersetzen können!“

Die Komposition zeigt, das Lydon sehr wohl imstande ist, auch ein herzzerreißendes Liebeslied zu komponieren - vor 40 Jahren feierte PiL mit dem „Gegenteil“, “This Is Not A Love Song“, den kommerziell größten Single-Hit.

„Ich muss sehen, wie ich ohne sie weiterleben kann.“ Doch letztendlich müsse er weitermachen, auch, weil es viele PiL-Fans gebe. An große Charterfolge mit der sehr Bass-und-Schlagzeug dominierten Dub-Musik von PiL glaubt Lydon allerdings nicht. Chartpositionen und Verkäufe sind ihm egal. Er muss mit seiner Musik nicht unbedingt mehr Geld verdienen: „Wir sind auf unserem eigenen Label. Das garantiert uns“, lacht der Sänger, „die Isolation von den Massenmedien.“ PiL sei eine organische Band, die nicht rausgehen würde, um Leute für sich zu interessieren. Vielmehr würden Menschen PiL hören, die individuell selbständig für sich denken würden.

„Das schließt auch junge Leute, und einen großen Sinn für Empathie mit ein“ beantwortet der Musiker die Frage, ob seine Musik -neben jenen Fans, die mit den Sounds von PiL aufgewachsen sind- auch heute noch junge Menschen begeistern könne.

Aktuelles Album: End Of World


Weitere Infos: https://www.pilofficial.com/#/ Foto: Andres Poveda


Oktober 2023
BLUSH ALWAYS
CHERRY GLAZERR
IDA MAE
MAPLE GLIDER
MICK FLANNERY
PUBLIC IMAGE LTD.
SLOW PULP
WOLF & MOON
‹‹September November››