So ganz geradlinig ist die Karriere von Sam Vance-Law sicherlich nicht verlaufen. Geboren wurde der Kanadier in Edmonton, zog dann im Alter von vier Jahren mit seiner Familie nach Oxford, entwickelte dann schon früh ein Faible für klassische Musik, lernte Bratsche und Geige spielen und trat bei seiner Einschulung in den New College Oxford Choir ein.
Als er mit 16 wieder nach Kanada zurückkehrte, kam er erst nach dem Abitur auf der Uni durch Freunde mit zeitgenössischer Indie-Musik in Kontakt. Das kam ihm insofern zu Pass, als dass er nach einem Umzug nach Berlin, wo er nun schon seit sieben Jahren residiert, als Musiker Fuß fasste und zunächst als Gast bei Acts wie Dear Reader oder Wallis Bird tätig wurde, bevor er dann – zusammen mit Emma Greenbird - mit seinem eigenen Projekt Traded Pilots experimentierte und nun das von Kollege Konstantin Gropper produzierte Solo-Album ´Homotopia´ auflegte. Und selbst das war noch ein halbes Zufallsprojekt, denn den Titel ´Homotopia´, der letztlich zum Thema des Albums wurde, hatte sich Sam als Teil eines Spiels zum Jux als möglichen LP-Titel ausgedacht.Nachdem Sam dann den Titel ´Homotopia´ erst einmal hatte: Was hat er denn im Folgenden daraus gemacht? Was bedeutet das heute für ihn? Ist es ein Ort? Ist es eine Idee? Ist es eine Zeit?
„Ich nehme da gerne meinen Titel ´Isle Of Man´ als Beispiel“, führt Sam aus, „der symbolisiert für mich die Idee einer Utopie, wo die Welt perfekt ist. Die ursprüngliche Idee war aber einfach die eines 'Gay-Space'. Es sollte ein Ort sein, nicht eine Utopie und es geht um die Geschichten, die an diesem Ort passierten und die Charaktere, die diesen bevölkern. Es ging mir dabei ausdrück-lich um reale Begebenheiten und eben nicht um Utopien oder gar Dystopien.“
Dabei schreibt Sam gar nicht alleine über sich, sondern über allerlei farbenfrohe Typen, die ´Homotopia´ bevölkern.
„Mit ging es darum, Geschichten über sympathische Charaktere zu schreiben und darum, herauszufinden, was diese Charaktere antreibt“, führt Sam aus, „auf dieser Scheibe singe ich zum Beispiel fast nie über mich selbst – denke aber doch, dass mir diese Sachen nicht fremd sind, weil wir schließlich alle dieselben Emotionen empfinden. Es ist also eine persönliche Scheibe, aber keine Scheibe über mich selbst.“
Was hat Sam musikalisch inspiriert? Seine musikalische Laufbahn beinhaltet ja, dass er sich zunächst für klassische Musik interessierte und erst relativ spät zur Popmusik kam.
„Der Plan war aber tatsächlich, eine Pop-Scheibe zu schreiben“, erklärt Sam, „ich habe mich dann mit Konstantin Gropper unterhalten, der die Scheibe produziert hat – denn er untersucht seine Stücke stilistisch schon ein ganzes Jahr, bevor er anfängt zu schreiben, während ich versuchen wollte zu sehen, was passiert, wenn es keine Untersuchungen gibt.“
Wie ergab sich denn die Zusammenarbeit mit Konstantin Gropper? Immerhin scheinen Sam Vance-Law und der Get Well Soon-Vorsitzende doch recht unterschiedlich gepolte Persönlichkeiten zu sein.
„Ich betrachte 'Homotopia' nicht als Comedy-Album“, führt Sam aus, „für mich ist jeder der Songs todernst. Wenn also Konstantins Ernsthaftigkeit und natürlich sein Sinn für elaborierte Arrangements hinzukommen, ist das kein Widerspruch. Wenn ich sage, dass ich über mich selbst lachen kann, dann kann ich das nur tun, weil ich das, was ich tue ernst nehme. Musikalisch sollten vorneherein kein Slapstick und keine Comedy ins Spiel kommen. Es ging um ernsthafte, schöne musikalische Elemente, die gelegentlich von humorvollen Texten durchzogen werden. Ich kenne Konstantin schon eine ganze Weile und als er Interesse an dem Projekt zeigte, gab ich gleich mein O.K.“
Das Ergebnis ist ein bemerkenswert kurzweiliges, komplexes, aber deswegen auch lebensnahes Potpourri farbenfroher Charaktere und musikalischer Ideen, die am Ende aus der ´Homotopia´ aber weit mehr machen, als sie Summe ihrer einzelnen Teile.
Aktuelles Album: Homotopia (Caroline)
Foto: Konrad Schmidt