interviews kunst cartoon konserven liesmich.txt filmriss dvd cruiser live reviews stripshow lottofoon

LUCIUS

Mit den Geistern der 60er ins Jetzt

LUCIUS

Alles neu macht die Vergangenheit. Lucius bedienen sich beim Sixties Pop ihrer Vorbilder und kreieren einen derart gut gelaunten Sound, dass die Journalisten in Übersee bereits vom Next Big Thing sprechen. Nun erscheint das Debüt ´Wildewoman´ auch hierzulande und soll den Hype fortsetzen: „Natürlich sind wir eine sehr eigene Band und vielleicht wundern sich viele über unser Erscheinungsbild – für mich gehen Fashion und Musik aber Hand in Hand“, erklärt Sängerin Jess Wolfe die Philosophie ihrer fünfköpfigen Combo und macht kein Geheimnis daraus, dass die Band fast genau so viel über Kleidung und Style im Kreise nachdenkt, wie über die Musik selbst. Gelungene Kombination, möchte man meinen und doch stört den Jungs & Mädels aus Brooklyn/New York das eigene Image manchmal schon.

Die Luft ist stickig im Backstage-Bereich des Berliner Magnet-Club und das Ambiente will irgendwie nicht zum Auftreten der Band Lucius passen. Kurz vor dem Gig laufen sie aufgescheucht in ihrer Abendgarderobe herum und gleich wird es ernst für die Newcomer, die sich hierzulande noch beweisen müssen.

„Hoffentlich gefällt dem deutschen Publikum unser Style“, äußert Jess Wolfe einige Zweifel, „wir wissen, dass das als reine Reminiszenz verstanden werden könnte und wollen keineswegs den Eindruck erwecken, als handele es sich bei Lucius um eine Coverband, die sich freigiebig an der Vergangenheit bedient.“

Natürlich machen solche Unsicherheiten die Neulinge ziemlich sympathisch, denn schnicke bis zum Scheitel gekleidet, sitzen sie vor einem und zupfen sich trotzdem nervös an den Klamotten herum. „Immerhin kann uns niemand vorwerfen, wir hätten uns nicht rausgeputzt.“

Wirft Drummer Dan Molad lachend dazwischen und behält recht: Lucius – gegründet vom den Sängerinnen Jess Wolfe und Holly Laessig, vervollständigt durch die Gitarristen Peter Lalish, Andrew Burri sowie Molad – haben einen langen Weg hinter sich:

Angefangen hatte alles an der Berklee School of Music in Boston. Hier lernten sich Wolfe und Laessig vor knapp 10 Jahren kennen, merkten, dass die Chemie stimmt und gründeten kurzerhand ihr eigenes Projekt. Das – so sagen beide – nicht sofort zünden wollte.

Dan Molad: „Jess und Holly hatten ein komplettes Album im Kasten und waren nicht zufrieden damit – ein paar gemeinsame Freunde kamen auf mich zu und fragten, ob ich nicht irgendeine Idee hätte, wie man das ganze stimmig abrunden könnte. Danach hörte ich die Platte zwei Wochen rauf und runter, so richtig einfallen wollte mir nichts.“

Die Lösung des Problems sollte ein Neuanfang sein und Molad empfahl den beiden Grazien, es nicht mit ihrer Mischung aus Indie- und Alternative-Folk zu versuchen, sondern etwas anderes auf die Beine zu stellen – einen Sound zu finden, der mehr zu ihrem Erscheinungsbild als beste Freundinnen passe.

Schließlich platze der Knoten: Mit Hilfe zig alter Platten der späten Sechziger Jahre entstand eine Faszination für den Wall Of Sound Marke Phil Spector und den Sirenengesängen der damaligen Girl-Groups und ruckzuck folgten die ersten gemeinsamen Songs.

„Auch wenn es so klingen mag, niemand forcierte irgendwas. Wir suchten gemeinsam nach dem Puzzleteil, dass beim Album noch fehlte und da Holly und ich große Sixties-Fans sind, lag es quasi die ganze Zeit vor unseren Augen, nur erkannten wir es nicht gleich“, rechtfertigt Jess den langen Anlauf ungefragt.

Dabei ist es vollkommen egal, wie das Debüt ´Wildewoman´ zustande kam, denn gelungen ist Lucius damit eine der bestgelaunten Platten des Frühsommers. Mit Pop, der so eingängig wirkt, dass die Bezeichnung Singalong fast noch untertrieben ist und Gitarren, die in einem Breitwandsound eingebettet, das Ganze groß und detailverliebt zugleich klingen lassen.

Über solche Komplimente schmunzeln Lucius und sind froh, dass die Songs bei den Journalisten in Deutschland offenbar gut ankommen.

Jess Wolfe: „Meine Mutter hat deutsche Vorfahren und meinte immer, ich sei ein ‚wilde Girl‘ und das habe ich nie vergessen. Deswegen freut es mich, dass wir in ihrer Heimat Konzerte spielen dürfen“

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, müssen sich Lucius jedoch alleine durchsetzen. Mit ´Wildewoman´ im Gepäck kein Problem.

Aktuelles Album: Wildewoman (Play It Again Sam / PIAS / Coop)

Foto: Peter Larson

Auch von Interesse
› Tonträger › Rock & Pop › UNCLE LUCIUS - Like It’s The Last One Left (2023-12-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › MARGO PRICE - Strays (2022-12-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › LUCIUS - Second Nature (2022-04-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › LUCIUS - Good Grief (2016-03-01) ‹‹
› Tonträger › Olymp › Lucius - Wildewoman (2014-04-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › COG - Sharing Space (2008-08-01) ‹‹


Mai 2014
CHERRY POPPIN´ DADDIES
GALLON DRUNK
KOMPARSE
LUCIUS
PIXIES
SUSANNE BLECH
SWANS
‹‹April Juni››