Verletzlichkeit ist eine Quelle der Inspiration aus der ganze Alben entstehen können: Laura Gibson würde dieser These niemals widersprechen, wirkt mit dem neuen Album ´La Grande´ im Gepäck aber verheißungsvoller als erwartet. Es sei die Vielfalt der Möglichkeiten, denen sie sich dieses Mal verschrieben hätte und nichts sollte vor den Aufnahmen des Albums kategorisch ausgeschlossen werden. Wie selbst Bossa Nova Eingang in ihre Songs fand und ob sie sich wirklich so gut fühlt, wie die Lyrics es vermuten lassen, erklärt sie indes am liebsten selbst.
Es sei ihr letztes Interview für diesen Tag, versichert Laura Gibson und verirrt sich auf dem Weg zu Kaffeeküche in den Fluren ihrer Plattenfirma:„Das ist alles gar nicht so einfach“, lacht sie die Orientierungslosigkeit einfach weg und trifft damit den Nagel auf den Kopf – ihre bislang veröffentlichten Alben gaben sich ebenfalls lieber auf die Suche, als das sie etwas Bestimmtes finden wollten.
„Beim Songwriting habe ich nie ein konkretes Ziel vor Augen, sondern folgende meinem inneren Gefühl – was beschäftigt mich gerade, welche Dingen gehen mir durch den Kopf und wie lässt sich all das zu einer konkreten Aussage formen“, erklärt die ursprünglich aus Portland stammende Songwriterin und gönnt sich einen kräftigen Schluck aus der Tasse vor ihr.
Genaugenommen begleitet sie diese Arbeitsweise seit nunmehr sieben Jahren. Anfänglich vertrieb sie ihre Platten noch selbst, fand aber recht schnell mit Laura Veirs und den Decemberists populäre Fürsprecher und konnte 2009 mit ´Beasts Of Seasons´ zum ersten Mal im großen Stil ein Studiowerk veröffentlichen.
Damals sprach Gibson oft davon, wie ungewöhnlich die Rolle einer Vollzeitmusikerin sei und dass sie als Kind beim Nachmittagsprogramm auf dem Disney-Channel immer davon träumte, es irgendwann auch selbst als Sängerin zu schaffen: Zum Glück jedoch nicht mit ähnlich seicht klingenden Songs, sondern mit eigenen, meist schwer greifbaren Liedern.
„Du wirst dich wundern, dass habe ich oft gehört: Warum meine Songs so unterschiedlich klingen würden und ich kein Interesse an einem konkreten Genre hätte?“ Wundert sich die Multiinstrumentalistin und erwartet eine Einschätzung von ihrem Gegenüber – was gar nicht so leicht erscheint:
Worin der zweifelnden Laura Gibson immerhin zugestimmt werden muss, ist die Tatsache, dass ihre Stimme unverkennbar einen roten Faden durchs Werk zieht und für den nötigen Wiedererkennungswert sorgt – demgegenüber zeigt sich allerdings genauso, dass das neue Album ´La Grande´ Pfade einschlägt, die zuvor kaum verfolgt wurden.
Nicht allein die Akustikgitarre bestimmt die aktuellen Beiträge, auch Bossa Nova beeinflusst ihr Songwriting dieses Mal deutlich nachhaltiger:
„Ich bin verdammt schlecht darin Musik zu hören – die Ruhe um mich herum ist ein sehr wichtiges Element für mich“, führt sie weiter aus.
„Von Zeit zu Zeit passiert es jedoch, dass ich durch Freunde Musik geschenkt bekomme und dann verliere ich mich meist in ihr.“ Wobei sie – wie bereits erwähnt – einer Praktik über die Jahre treu geblieben ist: Ihr Gesang wirkt stets fragil und zerbrechlich, mahnt an Bedroom-Recording und besitzt eine unfertige Schönheit.
Der Grund, weswegen Gibson sie so und nicht anders aufnimmt, hat einzig und allein mit den Lyrics zu tun:
„Worte haben eine ungeheure Kraft und die Tatsache, dass ich sie mit jedem weiteren Album einer Masse an Hörern preisgebe, sorgt bei mir für Respekt. Manchmal will ich, dass sie nur bruchstückhaft zu verstehen sind und sich jeder seinen eigenen Reim darauf machen kann. Ich habe keine bestimmte Botschaft oder so.“
Welche im Falle von ´La Grande´ trotzdem positiv anmuten würde, wenn es sie denn gäbe – und darauf angesprochen, nickt Laura Gibson, legt die Hände in den Schoß und sagt mit eigener Zufriedenheit, dass sie sich in ihrer Rolle als hauptberufliche Musikerin inzwischen besser zurechtfindet und akzeptiert hat, dass dies auch immer ein Work-in-Progress darstellt.
Wohin dieser sie treibt, lässt sie offen, denn aktuell scheint alles in „perfekten Bahnen“ zu laufen. „Freut mich zu hören, dass du das auch so siehst“, lächelt Gibson zum Abschluss leicht und dreht mit den Fingern eine Art Kreis auf dem Tisch.
Musikalisch schließen wird er sich bei ihr wohl nie, Laura Gibson hält die Sache weiter offen.
Aktuelles Album: La Grande (CitySlang / Universal) VÖ: 06.01.12