Als Laura Gibson ihr letztes Album, ´Empire Builder´ vorstellte, war gerade ihr Apartment in New York explodiert – wohin sie sich zurückgezogen hatte, um dort einen Musiklehrgang zu absolvieren. Dieses Mal ist alles etwas ruhiger gewesen: Laura hat ein Stipendium in den Everglades in Florida dazu genutzt, ihre neuen Songs inspiriert von der sie umgebenden Natur zu schreiben und sich dann in ihre alte Heimat Portland, Oregon zurückgezogen, um die Songs dort mit einer Riege von Freunden auszuarbeiten.
Das Thema des Albums ´Goners´ (was ungefähr mit „die Verlorenen“ zu übersetzen wäre) ist dabei die Trauer im Allgemeinen. Und das scheint wohl das Leitmotiv für Laura Gibson's ganzes Leben zu sein, wie sich herausstellt. Laura verwendete auf dem neuen Album Bilder aus der Fabelwelt und legte ihre Songs in Form epischer, phantastischer Landschaften an. Man sagt ja auch manchmal, dass Musik und Kunst durchaus größer als das Leben sein kann. Hilft dieser Gedanke dann auch, besser mit der persönlichen Trauer umgehen zu können, wenn man nicht reale Sentimente zulässt?„Ja, denn Verlust ist selbst ja ein großes, mysteriöses Ding“, überlegt Laura, „als ich meinen Vater und meine engsten Freunde verlor, war ich gerade mal 13 bzw. 14 Jahre alt. Und das betrachte ich als prägendes Ereignis meines Lebens. Ich denke, das hat meine Persönlichkeit ebenso geprägt, wie die Art in der ich Beziehungen angehe, wie ich das Leben sehe und mit meiner Familie kommuniziere. Für mich war die Teenager-Zeit anders als für viele Leute in meiner Umgebung. Deswegen schrieb ich jetzt darüber, wie der Verlust uns prägt und wie man mit Schmerz umgehen kann und den Schmerz auf andere überträgt und wie sich der Schmerz auf die Liebe und die Intimität auswirkt. Und da helfen dann entsprechend große Bilder und Metaphern.“
Interessanterweise scheint Laura sich dabei in Songs wie dem Titeltrack ´Goners´ sogar schon auf zukünftige schmerzliche Erlebnisse vorzubereiten, oder?
„Das ist nicht ganz das, was ich meine“, schränkt sie ein, „aber die Themen, über die ich mich zum Beispiel mit gleichaltrigen Freunde unterhalte, drehen sich einerseits um das Thema Verlust – zum Beispiel dem Verlust der Eltern oder von Freunden – und der Art, mit diesem Verlust umzugehen – aber die andere Hälfte der Konversation dreht sich dann stets um die Kinder. Das Thema, ob man heute in dieser instabilen Welt Kinder haben sollte oder nicht, hat mich auch sehr beschäftigt.“
Das ist ja ein eher atypisches Thema für ein Songwriterin.
„Ja, ich weiß – aber es geht ja um die Verbindung meiner Vergangenheit mit der Zukunft“, führt Laura aus, „die Option keine Kinder zu bekommen, impliziert ja auch eine Art von Verlust – in dem Sinne, dass man sich so entschließt, die Familien-Linie zu beenden. Ich fand diese Fragen auch gerade deswegen so interessant, weil in der Kunst nicht so viel über dieses Thema gesprochen wird.“
Wie weit geht Laura denn mit ihrer Schmerzforschung? In dem letzten Song der Scheibe singt sie zum Beispiel davon, jemanden über den gemeinsamen Schmerz kennenlernen zu wollen.
„Ich weiß nicht, ob ich direkt den Begriff Schmerz verwendet habe“, zögert Laura, „aber wenn man jemanden trifft, der Ähnliches erlebt hat wie man selber, dann bricht da doch die Erinnerung hervor und der Moment, in dem man den anderen trifft ist dann auch der Moment, in dem alles aufbricht. Die einzige Art in der ich darüber schreiben konnte, war, dass ich mir diese aufgebrochene Landschaft vorstellte. Vielleicht, weil ich mich so viel in der Natur aufgehalten habe. Aber das hat mein Gefühlsleben und meine Art, mit anderen Leuten in Verbindung zu eben stark beeinflusst.“
Trotz allem ist ´Goners´ kein wirklich depressives Album geworden. Es ist aber ein typisches Laura Gibson Werk, in dem sich Melancholie, Trost, Schmerz und Hoffnung zu jener eigentümlichen Melange verquicken, die ihr Werk als Songwriterin auszeichnet.
Aktuelles Album: Goners (City Slang / Universal)
Foto: Parker Fitzgerald