Bislang war der New Yorker Songwriter Ari Hest eher als Self-Made-Man bekannt. Das war schon so, als er 1999 seine erste EP und 2001 – also noch vor der Zeit von MySpace und facebook - sein erstes, erfolgreiches Album, ´Come Home´ im Eigenverlag veröffentlichte. Und das war auch so, als er bei einem Major Label unterschrieb und dort sein Album ´Green Room Sessions´ mit dem neuen Programm Garageband seines Apple-Computers zusammenschraubte.
Und das war immer noch so, als er 2008 sein Projekt „12 Mondays“ begann, bei dem er ein Jahr lang jede Woche einen Song ins Netz stellte, aus denen er seine Fans dann 12 Nummern auswählen ließ, aus denen dann das gleichnamige 2009er Album entstand. Als Multiinstrumentalist, der seit er Kind war Klavier und Gitarre spielte und mit 17 seine ersten Songs schrieb, fiel es ihm leicht, die Rolle des musikalischen Eremiten von seinem Apartment aus zu steuern. Das neue Album, „Sunset Over Hope Street“, das 11 ganz neue Songs enthält, entstand nun in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Alex Wong. Was war Ari bei diesem Projekt am Wichtigsten und warum arbeitete er mit Wong zusammen?„Mein Ansatz war dieses Mal, mit einem Produzenten zu arbeiten, der mich herausfordern würde und der einen anderen Ansatz hat als alle, mit denen ich bislang zusammengearbeitet hatte“, erklärt Ari, „jemand, der meine Musik als Arrangeur in eine neue Richtung führen könnte.“
Nun sind in der Tat die Arrangements das, was bei ´Hope Street´ am meisten ins Ohr sticht. Wie haben Ari und Alex zusammengearbeitet? Immerhin ist Ari selbst ja auch ein gewiefter Produzent.
„Nun ich habe Alex zunächst meine Songs auf der Gitarre präsentiert und dann haben wir darüber geredet, wie man meinen Teil bei der Arbeit eliminieren könnte. Wir haben dann überlegt, ob wir mit Keyboards oder Streichern arbeiten könnten – Dinge, die ich normalerweise nicht tue – und ich habe ihn machen lassen. Wir haben uns natürlich auch aneinander gerieben, aber am Ende das erreicht, was ich mir vorgestellt hatte.“
Was war denn der Grund dafür?
„Ich muss sagen, dass mir nach dem großen Songwriting-Projekt, bei dem ich ja 52 Songs zu gestalten hatte, als Produzent doch langsam die Ideen ausgingen. Ich war geradezu wild darauf, mit jemand anderem zu arbeiten.“
Entstanden die Songs denn auf eine andere Weise – immerhin hatte Ari ja nun mehr Zeit dafür?
„Nein – der Prozess war derselbe wie auf meinen letzten Alben. Ich hatte natürlich mehr Zeit, die Songs zu editieren. Was ich aber versucht habe, ist in meine Texte auch sozialpolitische Kommentare einzubauen – was ich vorher noch nicht getan hatte.“
Welche Themen mag Ari denn selbst am liebsten?
„Ich mag es über Kampf zu schreiben“, verrät er, „die Gründe dafür warum man mit sich und anderen kämpft – das interessiert mich. Mir wird ja immer vorgeworfen, dass meine Song intensiv seien, weil sie zum Denken anregten – was mir immer ein wenig komisch vorkommt – aber darin ist wohl der Grund dafür zu sehen. Ich mag Dinge, die universelle Botschaften haben. Ich mag es nicht über sonnige Tage oder total depressive Dinge ohne positives Ende zu zu schreiben.“
Kommt daher auch der Titel „Hope Street“?
„Ich denke schon“, überlegt Ari, „es ist ein persönlicher Song über jemanden, von dem ich mich trennte. Ich suche hier nach den Gründen dafür und versuche damit klarzukommen, dass diese Person mit jemand anderem glücklich werden wird. Und außerdem gibt es die Hope Street tatsächlich und diese hat einen wunderschönen Ausblick.“
Anders als viele seiner amerikanischen Kollegen scheint sich Ari Hest nicht so sehr für die Wanderlust zu interessieren, sondern schreibt lieber über seine nähere Umgebung, sein zu Hause. Es gibt gar einen Song namens ´The Way Back Home´.
„Ja – obwohl das ist eher als Metapher zu sehen“, schränkt Ari ein, „was ich sagen möchte ist, dass ich eine ziemlich private Person bin. Wenn ich heute als Musiker erfolgreich sein will, muss ich mich zwangsläufig mit Twitter und facebook und sowas beschäftigen und ich sinniere in diesem Song darüber, ob man nicht wieder zu den alten Zeiten zurückkehren könnte, in denen man einfach einen Song zu Hause schreiben konnte, ohne ihn gleich allen vorzeigen zu müssen. Ich will aber nicht allzu genau darauf eingehen, weil ich ein wenig Mystik in meinen Texten mag.“
Was heißt das?
„Ich verehre zum Beispiel Peter Gabriel“, führt Ari an, „möchte aber gar nicht wissen, worüber er genau singt. Statt dessen interessiert mich, was seine Texte für mich bedeuten könnten.“
Was macht denn einen guten Song für Ari aus?
„Eine Melodie, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Ich schreibe fast jeden Tag Songs und singe dabei in mein Handy. Wenn ich am nächsten Tag diese Aufnahmen wieder anhören muss, um mich an den Song zu erinnern, dann ist das schon mal kein gutes Zeichen.“
Wie geht Ari denn eine neue CD an?
„Ich mag es, wenn ich Elemente habe, mit denen ich die Songs verbinden kann. Ich mag es auch ein abwechslungsreiches Album zu machen – also eines mit verschiedenen Themen, denn es langweilt mich, immer wieder das Gleiche zu singen. Ein Album muss rund sein.“
Was möchte Ari in Zukunft gerne machen?
„Nun, ich treffe immer wieder Leute, die mich inspirieren und ich habe schon wieder eine solche Person gefunden, die mein nächstes Album produzieren wird. Ich weiß nicht, wohin mich das führt, aber ich weiß, dass es mich als Musiker voranbringt.“
Nicht dass man ihm das nicht auch alleine zugetraut hätte – aber so können wir uns wenigstens sicher sein, dass wir demnächst schon wieder einen ´neuen´ Ari Hest zu hören bekommen werden.
Aktuelles Album: Sunset Over Hope Street (Ent.Farm / Rough Trade)
Foto: Deborah Lopez