Menomena sind – Avantgarde-Rock hin, Experimentierdrang her – auch nur Menschen. Können genauso Witze erzählen wie jeder andere und die Nächte auf Tour ohne Rücksicht auf den Morgen danach durchzechen. Eine ganz spezielle Mission haben sie trotzdem: Mit dem neuen Album „Mines“ die Indiewelt auf den Kopf stellen oder wenigstens an dem rütteln, was nach Electroclash und Afrobeat noch übrig ist.
Dreieinhalb Jahre ist es her, dass Menomena zum letzten Mal von sich Reden machten: 2007 war es, als die drei Querköpfe aus dem verschlafenen Portland/ Oregon mit „Friend Or Foe“ zum ersten Mal die breite Masse erreichten und in Europa als Geheimtipp eine große Anhängerschaft ihr Eigen nennen konnten.„Wir gehören nicht zu der Sorte Band, die auf dicke Hose macht. Uns ist eher eine lineare Entwicklung wichtig, eins sollte nach dem anderen kommen“, erklärt Gitarrist und Saxophonist Justin Harris im Berliner-Büro seines Labels, während Gesangskollege Brent Knopf und Drummer Danny Seim vor der Tür den ersten Tee des Tages genießen.
Die beiden ticken anders, meint er als draußen plötzlich eine große Kiste zu Boden fällt: „Brent ist definitiv ein Workaholic und sucht immer nach dem ganz besonderen Kick beim Songwriting.“
„Danny hingegen ist ein richtiger Arbeiter. Er will den Sound nicht in ungeahnte Sphären manövrieren, sondern das perfektionieren, was eh toll klingt: sein Schlagzeug.“ Justin selbst bezeichnet sich als „sportliches Bindeglied“ innerhalb Menomenas, geht gern Surfen und ist einer Runde Beachvolleyball nicht abgeneigt.
So weit die Theorie, denn in der Praxis haben die drei mehr gemeinsam als vermutet: Zum einen teilen sie die Liebe zur Musik, den unbedingten Willen etwas ganz Großes abzuliefern und anderseits: den Anspruch, dass eigene Schaffen nicht dem der Konkurrenz unterzuordnen.
Während die Grenzen zwischen elektronischer, elektrischer und afroamerikanischer Rockmusik langsam aber sicher verschwimmen, wissen Menomena genau wer sie sind und was sie können.
„Ich würde uns nicht als eindimensional bezeichnen, aber ehe wir jeden x-beliebigen Trend hinterher laufen, schauen wir lieber, was für unseren Sound wichtig ist.“
Sagt’s und meint damit nichts anderes als das neue, vierte Menomena-Album mit dem ebenso kurzen wie prägnanten Titel „Mines“.
Obwohl viele Kritiker es vermuten, ist die Platte kein klassisches Gemeinschaftsprojekt eines hermetisch abgeriegelten Musikkollektivs geworden, sondern entstand über die Distanz, die sich die einzelnen Mitglieder gönnten: „Brent als auch Danny haben zig Soloprojekte und schreiben in einem ganz anderen Stil als ich.“
„Wenn die Band mal nicht der Mittelpunkt meines Leben ist, widme ich mich anderen Dingen, verbringe die Freizeit mit Freunden und so“, erklärt Justin, während Brent im Nebenraum loslacht. Ob aufgrund dieser Aussage, bleibt unklar, doch selbst wenn die drei räumlich von einander getrennt sind, spürt man das innere Band zwischen ihnen.
Menomena sind keine normale Musikgruppe. Sie funktionieren nach eigenen Regeln und ticken wie sie es für richtig halten - „Mines“ macht dieser angenehmen Spleenigkeit alle Ehre und hat einmal mehr vertrackten Independent gepaart mit schwelgerischen Rockmomenten im Angebot und kauft der Konkurrenz locker den Schneid ab.
Vielleicht sind diese Songs am Ende gar das Beste, was das Jahr 2010 zu bieten hat und doch: Kaum ist dieser Gedanke ausgesprochen, lenkt Justin ein. „Wir hören gerne Komplimente, aber übertrieben werden darf es nicht. Hier geht es nur um uns und Vergleiche hinken meist sowieso.“
„Wenn wir irgendwann oben ankommen, hat niemand etwas dagegen. Doch eins nach dem anderen“, stapelt Justin tief - von Brent und Danny ist in diesem Moment nichts zu hören.
Aktuelles Album: Mines (CitySLang / Universal)