Die Waltons sehen sehr gut aus und darum machen sie auch Cowpunk. Vor wessen geistigem Auge nun Amerikas werteverbundene Country-Vorzeige-Familie mit gleichem Namen auftaucht, der sollte gleich mal sämtliche Assoziationen aus seinem Kopf eliminieren. Nix mit John Boy, Grandma und dem ganzen stupiden Rest der Sippe. Die Waltons von denen hier die Rede ist, haben ihre Geburtsstunde Mitte der 80er, als Rockabilly aufgrund seiner Ödnis von Punkrock unterwandert wurde und eine der wildesten Subkulturen überhaupt hervorbrachte: Psychobilly!
Und schon haben wir das Übel an der Wurzel gepackt; ‚Wrecking Crew’ von den Meteors übte auf drei hoffnungsvolle Jungs aus Borken, die by the way schon vorher unter dem Namen ‘Johannes Paul und ewig Zweiten’ ihr Unwesen getrieben hatten, eine unwiderstehliche Faszination aus und schickte sie auf die ebenfalls heilige Mission, Cowpunk zu predigen. Borken galt nicht gerade als die Wiege allen Untergrunds und so zog es John-Boy, Jason und Jim-Bob nach Berlin, wo John-Boy alias Bene, einzig verbliebener Orginal-Walton auch heute noch lebt und den wir jetzt auch mal zu Wort kommen lassen.Die Legende sagt, dass die Waltons geheime Konzerte im Ostteil der Stadt gaben, die nur durch Mundpropaganda bekannt gegeben wurden und für die Instrumente über die Grenze geschmuggelt werden mussten.
„Mit den Konzerten im Osten, das stimmt schon, aber Instrumente konnte man nicht über die Grenze bringen. Wir haben auf diesen Shows meistens mit einer Ostberliner Szenegröße namens ‚Die Vision’ zusammengespielt und uns deren Equipment ausgeliehen.“
10 Jahre lang gab es in Sachen Musik kein Vorbeikommen an der Berliner Combo: Sieben Alben, vier Singles und Touren von Nordkap bis Sizilien – naja beinahe – festigten ihren Ruhm und ihren Ruf, eine der spaßbringendsten Livebands ever zu sein.
Die Lister derer, für die sie die Halle zum Vorkochen brachten ist lang und exquisit, darunter die Stray Cats, Glenn Danzig und New Model Army.
„Bei den Stray Cats haben wir die ganze Tour als Support Act mitgespielt, wären aber beinahe schon nach dem ersten Konzert rausgeflogen, weil wir dem Tourveranstalter zu krachig waren, und der meinte, wir seien zu metallastig. Auf persönliche Fürsprache der Stray Cats, denen unsere Musik gefiel, durften wir dann doch bleiben. Von New Model Army haben wir nicht besonders viel mitbekommen, das war ein Riesenfestival, und was Danzig angeht: ich habe selten etwas Übellaunigeres erlebt.“
1991 hätte zum Schicksaljahr der Waltons werden können. Kein Geringerer als Brett Gurewitz, Gründungsmitglied von Bad Religion und Epitaph Boss bekundete Interesse die Cowpunk-Formation zu produzieren – und die Waltons lehnten ab!
„Tja, das ist wohl dumm gelaufen. Epitaph war damals noch nicht so riesig: Green Day, Offspring und Bad Religion waren so die Zugpferde. Wir entschieden uns damals für Jason Ringberg, mit dem wir ein Album in Nashville aufnahmen. Nashville, das klang für uns damals wie die Erfüllung all unserer Träume. Als wir dann dort waren, war es natürlich sehr beeindruckend, all diese legendären Venues zu sehen: die Grand Ol’ Oprey, wo Hank Williams seine großen Auftritte hatte und natürlich die Rock’n’ Roll Hall of Fame. Anderseits war es auch plakativ – Plastikcountry eben. Obwohl an jeder Ecke jemand Tolles spielte, war es wenig authentisch, aber immerhin konnten wir einen Auftritt von Hank Snow sehen, der damals bestimmt schon um die 90 war.“
Platzmangel zwingt mich, meine Geschichte zu komprimieren. 1994 gaben John-Boy und Co ihre Cowpunk Mission für ein welchen dran und wandelten auf schöngeistigeren Pfaden. Sie spielten ein Requiem mit den Berliner Philhamonikern ein, das den klangvollen Namen ‚Gang of Wrath’ trug und deren Aufzeichnung leider nie veröffentlicht wurde.
„Das war für uns eine großartige Sache, uns musikalisch so entfalten zu können und wir empfanden es natürlich als Ehre in der Beliner Philharmonie spielen zu können, aber irgendwie spielte unserer damaliger Produzent mehrere Plattenfirmen gegeneinander aus und letztendlich standen wir ohne Vertrag da. Ein weiterer Fall von dumm gelaufen. Ich möchte diese Zeit nicht missen, wir hatte die Zeit und das Geld, zu komponieren und uns ganz unserer Musik zu widmen. Das war schon sehr cool.“
Geschichten von Walton Montain gibt es noch so einige, aber als erstes gilt: Neue Platte kaufen und es auf eine der kommenden Shows zu schaffen!!!
Aktuelles Album:
The Western Cowpunk Association (Sunny Bastards / Broken Silence)