Robert Carl Blank ist ein Chronist des Lebens in all seinen Schönheiten und Sonderbarkeiten. Sein gradlinig-melancholischer Blick auf alles Menschliche hat den Hamburger zu einem wichtigen Vertreter der deutschen Songwriter-Szene gemacht, und zu einem häufigen Gast auf Deutschlands Bühnen. Blank steht mit beiden Beinen fest auf den Brettern, die (sprichwörtlich) die Welt bedeuten. Bis zu 100 Konzerte befinden sich jährlich auf seinem Tourplan. Nun widmet sich der Liedermacher einem sehr persönlichen Thema: Der Reise zu sich selbst. Die Westzeit bat den Barden zum Interview.
Warum heißt das Album "Ungefähr genau hier"?"Der Titel beschreibt einen nicht klar fokussierbaren Ort, oder ein unklares Gefühl. Unschärfe, vernebelte Erinnerungen. Dieses Grundgefühl prägt neben dem Titelsong auch viele andere Lieder auf dem Album. Es geht ja auf dem Album viel darum, mir selber nachzuspüren, mir selber auf die Schliche zu kommen. Und bei so einer Reise ins Innere muss man ja doch öfter die Kameralinse nachjustieren."
Ein Titel heißt "Der Seemann". Kommen da die Wurzeln des Wohnortes Hamburg heraus? Ein Aschenbecher voll mit grandiosen Ideen?
"Ich denke schon. In Bayern hätte ich so einen Song vermutlich nicht geschrieben. In dem Song steckt ein wenig Kiez Gefühl, lange Kneipennächte, um irgendeine Lösung für ein Problem zu finden. Ich war oft der letzte, und durfte das Licht ausmachen beim Rausgehen aus der Kneipe."
Welche Zeichen sind gemeint? Wer ist der Gitarrist, der dich mit großartigen Riffs begleitet?
"Der Song entstand während der Pandemie, als so ziemlich alle verlässlichen Strukturen zerbrachen, und sich ein gigantischer Wandel anbahnte. Die Zeichen sind für mich die Signale, dass der Wandel kommt, sich alte Strukturen auflösen. Bob Dylan hat mal gesagt, "the old is dying, and the new is busy being born". Die andere Geschichte in dem Song ist die eines Menschen, den ich vermisse, und den ich ermutigen möchte, seinen Instinkten zu folgen. Ich mag solche Perspektivenwechsel in Texten sehr. Jörn Schlüter spielt die E-Gitarre hier, so wie auf den meisten Songs des Albums."
Wer ist die Sängerin auf "Bis Zehn"?
"Ich wollte schon lange ein Duett mit Christina Lux machen. Ich schätze sie als Künstlerin und Mensch sehr, und ich liebe ihren Gesang. Sie machte auch die gleiche Reise wie ich: Nach vielen Jahren des Schreibens auf englisch dann plötzlich die Entscheidung, auf deutsch zu schreiben. Christina singt auch im Chor bei dem Song "Tief Genug", und ihr Partner Oliver George steuerte die tollen E-Gitarren für den Titelsong und für "Autopilot" bei. Es hat super viel Spaß gemacht, mit den beiden zu arbeiten."
Wofür steht "Der Baum"?
"Das ist ein Song, den ich schon recht früh für das Album schrieb. Am Elbstrand hinter "Bergedorf sah ich im Winter diesen alten, wunderschönen, aber auch kargen Baum, direkt an der dort sehr ruhig fließenden Elbe. Und ich fragte mich, ob der wieder blühen würde im nächsten Jahr. Der Song steht ganz klar für Veränderung, ein neuer Anfang."
"Veränderung bleibt" - Warum haben sich deine Texte sprachlich verändert? Warum nun Deutsch, anstatt Englisch?
"Ich mache seit vielen Jahren Workshops zum Thema Songwriting, und schreibe und produziere auch ab und zu für andere Künstler:innen. Da dreht es sich fast immer um deutsche Texte. Das war wohl gefühlt das Samenkorn bei mir. Dann kam die Pandemie, und diese Stimme wurde plötzlich größer in mir, nahm mehr Platz ein. Ich schrieb einfach immer mehr auf deutsch. Zunächst ohne Absicht, daraus mal ein Album zu machen. Aber der Zug war am Rollen, und es machte unfassbar viel Spaß, weil es kreatives Neuland für mich war. Mein Pioniergeist wurde befriedigt. Auf Englisch texte ich seit knapp 20 Jahren, und hab über die Jahre meinen Stil entwickelt. Bei deutschen Texten gab es das bei mir noch nicht; die Stilfindung war mit das spannendste an der Arbeit."
Aktuelles Album: Ungefähr genau hier. (Songwerft / jpc / recordjet)
Weitere Infos: https://robertcarlblank.de/index.html Foto: Jens Butz