Maskenpflicht? Für Jonathan Bree nichts Neues. Seit sechs Jahren schon ist der neuseeländische Tausendsassa maskiert unterwegs, auch wenn er erst 2018 mit der millionenfach gestreamten Single ´You´re So Cool´ und dem Album ´Sleepwalking´ in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit geriet. Jetzt erscheint ´After The Curtains Close´, ein Album voller dunkel funkelnder Indie-Pop-Perlen, mit dem uns Bree hinter die Maske schauen lässt.
Jonathan Bree ist ein alter Hase. Schon vor knapp 20 Jahren kratzte der charismatische Neuseeländer mit den Twee-Hymnen seiner Band The Brunettes am Indie-Pop-Thron, wenngleich es trotz vier neuen Platten auf Sub Pop und Brees eigenem viel beachteten Label Lil Chief Records nie zu mehr als Kultstatus reichte. Desillusioniert von der Musikindustrie zog er sich nach dem Ende der Band vor fast zehn Jahren in seine neuseeländische Heimat zurück und bastelte an einer ganz neuen Vision für seine Solowerke, die auf ´After The Curtains Close´ heller erstrahlt denn je. Ohne Angst vor einem gewissen Kitschfaktor entwirft der Mann mit der sonoren Baritonstimme hier barocken Orchester-Pop in cineastischer Tiefe und Breite, der von Melancholie durchtränkt ist, aber nicht zuletzt ob gesanglicher Kontrapunkte der Gastsängerinnen Britta Phillips (Luna) und Princess Chelsea trotzdem nicht niederschmetternd klingt. Dabei wird der „Master Of Misery“ seinem Spitznamen mit ´After The Curtain Close´ mehr gerecht denn je, handelt die Platte doch vom Ende einer großen Liebe. Er selbst hat das Schreiben der Texte bereits "kathartisch" genannt, doch trotz des emotionalen Gewichts war ihm am Ende popmusikalische Grandezza zwischen Tradition und Moderne doch wichtiger, als die Lieder direkt aus seinem tränengetränkten Tagebuch zu pflücken.„Ha, ‚mein tränengetränktes Tagebuch‘, das gefällt mir!“, sagt Bree lachend im Westzeit-Interview. „Ja, es ist ein ziemlich ehrliches Album, da ich schwierige Zeiten durchzustehen hatte, wie wir sie alle hin und wieder erleben. Aber selbst in den schlimmsten Zeiten gibt es immer noch Momente des Spaßes und der Flucht, und ich scheue mich nicht, auch darüber zu schreiben.“
Tatsächlich liegen Freud und Leid für Bree bisweilen nah beieinander. So folgt die neue Herzschmerz-LP unmittelbar auf ein Album, dessen Arbeitstitel ´Valentine´ war, und trotzdem finden sich auf ´After The Curtains Close´ einige Songs und Ideen, die ursprünglich für die letzte Platte konzipiert waren. „Das ist richtig“, bestätigt Bree. „Ich habe den Track ´No Reminders´ im Jahr 2015 aus der Perspektive eines Freundes geschrieben, der damals eine chaotische Trennung durchmachen musste. Allerdings dauerte es bis zum letzten Jahr, bis der Song das Niveau erreicht hatte, das mir vorschwebte. Zu diesem Zeitpunkt war er tatsächlich viel autobiografischer, als mir das lieb war, aber zumindest passte er so zum Rest der Lieder, die ich schrieb.“ Allerdings waren es nicht allein die persönlichen Umstände, die Bree dazu bewegten, seine eigenen Gefühle und Erlebnisse stärker in den Fokus seiner Texte zu rücken.
„Es geht mir heute weniger um Charakterstudien und Hyperthesen, sondern mehr um direktere Ehrlichkeit“, beschreibt er seine über die Jahre verfeinerte Herangehensweise. „Gleichzeitig mache ich einen Bogen um die tränendurchtränkten Tagebuchseiten.“
Dass er damit heute ein größeres Publikum erreicht als je zuvor, freut ihn ganz besonders.
„Ich denke zwar, dass ein Künstler seine Werke in erster Linie für sich selbst kreieren sollte, aber es ist nur menschlich, dafür auch beachtet und anerkannt werden zu wollen“, sagt er abschließend. „In meiner Karriere habe ich verschiedene Stufen der Obskurität durchlaufen, und ich empfinde es als großes Glück, dass es nun Menschen gibt, die meine Arbeit schätzen.“
Aktuelles Album: After The Curtains Close (Cargo) VÖ: 17.07.
Weitere Infos: www.facebook.com/jonathanbree666