Dem Musikbusiness hatte Mark Hollis bereits vor zwanzig Jahren den Rücken gekehrt, nun ist er für immer verstummt. Am 25. Februar 2019 ist der Musiker im Alter von 64 Jahren verstorben.
Zusammen mit seinen Bandkollegen Lee Harris, Paul Webb und Tim Friese-Greene hat er als Talk Talk Alben veröffentlicht, die in einer Art Reifeprozess die klassischen Strukturen der Popmusik zunehmend abgelegt hatten. Als 1988 das bahnbrechende vierte Werk Spirit Of Eden erschien, waren da auf einmal wärmende Klänge, welche Stille und Abstraktion in den Fokus rückten.„Das Größte, was Musik erreichen kann, ist ihre Existenz außerhalb der Zeit, in der sie geschrieben wurde. Und der einzige Weg, das zu erreichen, besteht darin, den Sound so natürlich wie möglich zu gestalten“, gab Hollis damals zu Protokoll. Und genau das hatten sie geschafft. Dem Werk wurde die Bedeutung von Van Morrisons Astral Weeks zugeschrieben, Stockhausen oder Miles Davis als Referenzen ausgemacht. Wir schrieben wohlgemerkt das Jahr sechs vor dem Gebrauch des Wortes „Post-Rock“. 1991 beendete schließlich das brillante Vermächtnis Laughing Stock die Karriere dieser wegweisenden Band, die sich nicht nur musikalisch so weit wie möglich von allen Strukturen gelöst hatte, sondern auch auf einer persönlichen Ebene.
Sieben Jahre vergingen, bis Mark Hollis ein ausschließlich akustisch instrumentiertes Solo-Album vorlegte. Feinfühlig stellte er die spezifischen Tonalitäten der verschiedenen Holzblasinstrumente heraus, die immer wieder die minimalistische Stille durchbrachen und sich bis zur vollkommenen Symbiose mit seiner traurigen Stimme arrangierten. Piano, Gitarre, gedämpfte Snare sowie filigranes Percussionspiel betraten vorsichtig den luftigen Raum, in dem der Engländer die fragile Reinheit der Akustik zur Entfaltung kommen ließ. Es war durch seine Instrumentierung und das reduzierte Aufnahmeverfahren mit nur zwei Mikrofonen ein Stück zeitloser, undatierbarer Musik – sinnlich, wie die Farben des Frühlings, direkt, wie Kammermusik im heimischen Wohnzimmer. Kurz nach dessen Erscheinen zog sich Hollis vollständig aus dem Musikbusiness wie auch aus der Öffentlichkeit zurück.
In all der Zeit, die seitdem vergangen ist, hatte man stets gehofft, dass er sich vielleicht doch noch einmal musikalisch zurückmelden würde. Doch er blieb der Stille verpflichtet, die nun endgültig ist. “The Party's Over”. Danke für die Musik, die immer da sein wird. Rest in peace, Mark Hollis.