Darf man als anständiger Punk Def Leppard, Heart oder gar Rick Springfield mögen? Ex Hex sagen „Ja!“ und katapultieren auf ihrem umwerfenden neuen Album ´It´s Real´ ihren zitatfreudigen und doch nie nur abgekupferten Sound zwischen Power-Pop, Garage Rock, New Wave und einem Hauch von Glam und Metal mit kompromissloser Coolness und viel Spaß am eigenen Tun in neue Dimensionen.
Fünf Jahre sind seit der Veröffentlichung des feinen Ex-Hex-Debütalbums ´Rips´ vergangen, doch auf dem Nachfolger macht das Trio aus Washington, D.C. klanglich gleich einen Satz um zehn Jahre nach vorn. War ihr Erstling im Geiste in den heruntergekommenen Punk-Kellerbars der späten 70er zu Hause, spielt ´It´s Real´ augenzwinkernd, aber frei von Ironie mit den Klischees des Arena-Rock der späten 80er.„Bei den Aufnahmen hatten wir immer Mutt Lange im Kopf, weil wir alle seine Art zu produzieren sehr mögen“, verrät Gitarristin und Sängerin Mary Timony im Westzeit-Interview. „Dabei waren Def Leppard damals komplett an mir vorbeigegangen, weil ich in den 80ern Indierockerin und Punk war. Heute ist ´Hysteria´ eine meiner Lieblingsplatten!“
Inzwischen längst von der Last befreit, auf die Meinungen anderer hören zu müssen, ist auf ´It´s Real´ alles erlaubt, was den Musikerinnen gefällt.
„Es ist unmöglich, kreativ zu sein, wenn du dir zu viele Gedanken machst“, glaubt Timony „Du musst richtig aufgedreht sein und ganz fest daran glauben, dass du gerade etwas Großartiges machst – auch wenn das Gefühl nur für eine halbe Stunde anhält. Manchmal schaffe ich das, und dann kommt meistens etwas Gutes dabei heraus.“
Nach einer Reihe Sideprojects – Timony veröffentlichte die bahnbrechenden 90er-Jahre-Werke ihrer alten Band Helium neu, Bassistin/Gitarristin Betsy Wright widmete sich Bat Fangs und Drummerin Laura Harris trommelte für Death Valley Girls – begeistern Ex Hex auch dieses Mal wieder mit ungebremster Spielfreude, gleichzeitig deutet der Titel ´It´s Real´ bereits an, dass nun aus Spaß Ernst wird. Lieder wie ´Good Times´ oder ´Cosmic Cave´ spielen auf innere Unruhe, Selbstzweifel und verlorene Liebe an, bevor die aufgestauten Frustrationen und Ängste mit herrlich zügellosen Riffs und unwiderstehlichen Hooks lässig beiseitegeschoben werden.
„Das beides nebeneinanderzustellen, ist eine prima Kombination“, findet Timony.
Musikalisch begeistern so auch die oft betont verspielten neuen Songs mit einer Leichtigkeit und einer joie de vivre, die man bei Musikern, die wie Timony schon seit Jahrzehnten aktiv sind, nur noch sehr, sehr selten findet. Der Grund dafür ist allerdings denkbar einfach.
„Ein Hauptaspekt sind für uns Arrangements, die betont rationell sind“, erklärt die inzwischen 48-jährige Frontfrau. „Wir versuchen auf alles zu verzichten, was schrill wäre oder nicht sofort richtig passt. Wenn wir das tun, haben die Songs für mich in der Tat eine gewisse Leichtigkeit, und es freut mich, wenn man das auch hören kann.“
Allerdings waren Ex Hex für Timony gerade anfangs eine echte Herausforderung. Sich zurückzuhalten und die Simplizität der Songs zu betonen, fiel ihr zunächst schwer.
„Das ist nichts, was mir in den Schoß fällt“, bestätigt sie lachend. „Betsy kommt beim Schreiben viel schneller auf echte Pop-Hooks, während ich in der Regel die schrägeren Ideen habe. Genauer gesagt kommen sie mir völlig normal vor, aber andere würden sie wohl für seltsam oder zumindest idiosynkratisch halten. Die neue Platte ist meiner Meinung nach nun allerdings ein kleines bisschen weniger gradlinig, und mir gefällt die Vorstellung, dass einige meiner schrägeren Einfälle auf dem Album gelandet sind.“
Die bei ´Rainbow Shiner´ oder ´Another Dimension´ unüberhörbaren Anleihen beim 80s-Hard-Rock und Hair-Metal sind deshalb vor allem Wright geschuldet.
„Betsy ist wirklich gut darin, ihre Inspirationen zu kanalisieren“, erklärt Timony. „Wir hatten alle gemeinsam diesen Sound im Kopf, aber ihr ist es gelungen, sich expliziter darauf zu beziehen. Am Ende haben wir diese Aspekte dann auch bei der Produktion in den Vordergrund gerückt.“
Akribisch und betont dynamisch in echtem Teamwork umgesetzt, klingt das Album trotz des nun deutlich breiteren Klangspektrums stets wie aus einem Guss.
„Das liegt einfach daran, dass wir uns jetzt besser kennen und länger gemeinsam Musik machen“, ist Timony überzeugt. „Das ist echte Gedankenverschmelzung!“
Aktuelles Album: It´s Real (Merge / Cargo)
Weitere Infos: www.exhexband.com Foto: Michael Lavine