Ein bisschen staunen sie auch darüber, wie lange sie jetzt schon zusammen Musik machen. Aber nur weil seit ihrer Gründung 15 Jahre vergangen sind und das erste Album bereits 2010 erschienen ist, heißt das nicht, dass die Indie-Rocker Balthazar deswegen an Dynamik einbüßen. Im Gegenteil: Zwei Soloalben sind während ihrer kurzen Pause entstanden, doch auch daraus machen die beiden Köpfe hinter der Band, Maarten Devoldere und Jinte Deprez, nachdrücklich keine große Sache.
Und dass sie in den vier Jahren seit dem letzten Balthazar-Album mit Patricia Vanneste mal wieder ein Gründungsmitglied „verloren“ haben, macht auch keinen sonderlich großen Unterschied. „Um ehrlich zu sein,“ sagt Maarten“, „hinter dem kreativen Prozess standen schon immer Jinte und ich.“Doch gerade deswegen haben sie es auch so spannend gefunden, mal ohne den jeweils anderen zu arbeiten, um dadurch gleichzeitig zu lernen, was sie aneinander haben.
„Während wir unsere Soloprojekte machten, fühlte es sich gut an, allein kreativ zu sein – aber wir merkten dadurch auch, dass der andere fehlte. Und als wir dann anhörten, was wir so für Musik gemacht hatten, dachten wir: ,Verdammt, das ist ja ein echt ziemlich talentierter Motherfucker! Wäre doch nett, mal mit dem zusammen zu arbeiten´ “, lacht Jinte.
Und Maatren ergänzt: „Nach all den Jahren nimmt man sich als selbstverständlich hin. Wir haben uns jetzt ganz neu schätzen gelernt.“
Mit dieser neugewonnenen Begeisterung begannen die beiden dann auch im Dezember 2017 die Arbeit an den neuen Liedern, ganz ohne Plan oder Konzept.
„Normalerweise entstehen die ersten Melodien und Texte schon auf der Tour, doch dieses Mal und haben wir einfach bei Null anfangen“, sagt Jinte.
„Und haben schon nach einem Monat aufgenommen“, wirft Maarten ein. „Aber es fühlte sich nicht gehetzt an.“
Stimmt, denn trotz dieser Dynamik klingt das neue Album ´Fever´ als hätten sie über die vier Jahre in aller Ruhe immer wieder an den neuen Lieder gearbeitet – alles ist voller Selbstsicherheit, die Melodien klingen inspiriert, ein starker Rhythmus zieht sich durch das Werk, und wieder kennen sie keine Angst vor Streichern und exotischen Instrumenten.
„Wir sind Songwriter alter Schule. Zuerst ist ein Lied da und darauf entsteht das Arrangement.“ Nur die Texte entstehen unabhängig – jeweils nur einer schreibt singt dann auch. „Sie sind einfach sehr persönlich. Doch dieses Mal haben wir auch über die Texte des anderen gesehen – und sogar ab und an mal einen Vorschlag gemacht!“, geht Jinte wieder auf die neu gewonnene Wertschätzung ein.
Und etwas wird ganz klar, wenn man ihnen zuhört: Es scheint, als wäre der Entstehungsprozess eine wunderbare Erfahrung für sie gewesen.
„Es war wirklich sehr leicht – und es hat Spaß gemacht!“, bestätigt Maarten. „Also, versteht mich nicht falsch – wir hatten keine Ahnung, wie es werden würde. Und es war harte Arbeit, das Album zu finden. Aber der Prozess selbst war einfach schön.“
Jinte ergänzt: „Es gab einfach keinen großen Druck. Es war als würden wir unsere Zeit im Klubhaus verbringen.“
Was auch daran liegt, dass sie sich nur um den kreativen Prozess kümmern. „Das Geschäftliche ist eine miese Arbeit,“ findet Maarten. „Wir sagen da natürlich schon immer unsere Meinung zu allen Fragen – aber letztlich haben wir für diese Sachen ja unser Label.“
Jinte nickt: „Es würde nur unendlich viel unserer Zeit und Energie absaugen.“
Sie lassen sich ja auch gerne beraten – und sogar überraschen.
„Zum Beispiel: ,Entertainment‘ als Single!“, erklärt Maatren. „Es war einer der letzten Songs, an dem wir schrieben, und für uns war er vor allem dazu da, um zwei Lieder auf dem Album zu verbinden.“
Jinte: „Und dann meinte das Label, dass das unsere Single ist! Es gab Lieder, an denen wir Monaten gearbeitet hatten und von denen wir sicher waren, dass sie es sein würden. Wir wissen also absolut gar nichts über das Biz!“, lacht er.
Aktuelles Album: Fever (Play It Again Sam)
Foto: Thomas Nolf