Um es mal gleich voranzustellen: Das hier ist jetzt weniger eine Konzertrezension, als vielmehr die Würdigung eines Phänomens. Denn seitdem die Britische Songwriterin Paris Paloma ihr Heimstudio in Richtung eines ordentlichen Studios verließ um dort mit dem Produzenten Justin Glasco ihren viralen Durchbruchshit „Labour“ einzuspielen – und damit eigenhändig das Genre des feministischen Empowerment-Gospel-Folk-Pops für die heutige Generation etablierte – ist nichts mehr so, wie es war. Über ein Tik Tok Snippet ging der Song viral und machte Paris Paloma aus dem Stand heraus zu einer Ikone für jene Genration „therapiebedürftiger Teeny-Girls“ (© Carsten Wohlfeld), für die Phoebe Bridgers schon wieder zu alt ist. Kein Wunder, dass dann die erste Headliner-Tour Paris' schon lange vor dem erscheinen ihres Debütalbums „Cacophony“ - sowieso im UK aber auch in Rest-Europa – ausverkauft war. Ein rechtes Wunder ist das eigentlich nicht, denn zum einen ist die Gute eine begnadete Songwriterin, die ihre Songs mit Anstand und Überblick zwischen Kunst, Kommerz und Indie Credibility ausbalanciert und zum anderen bietet sie ihren Fans aufgrund ihrer vielseitigen Facetten eine ideale Projektionsfläche – sei es in Sachen Empowerment, spirituelle Leitfigur oder gar alternative Mode-Ikone.
Bei ihrem Konzert in der bis auf den letzten Platz prall gefüllten Kölner Kantine war die Stimmung daher von Anfang an eher so, wie bei einer anstehenden Messe als bei einem „normalen“ Konzerterlebnis. Den Support machte auf diesem Tourabschnitte das aufstrebende, niederländische Geschwisterpaar Sarah Julia (das „&“ lassen die Damen weg) Nauta. Auf dem Papier sind die englischsprachigen Indie-Folkpop-Songs des Duos durchaus kompatibel mit dem, was Paris Paloma zu bieten hat – allerdings ist das alles wesentlich konventioneller und simpler strukturiert. Das liegt daran, dass es bei dem Duo erkennbar nicht darum geht, sich mit assoziativen Lyrics die Dämonen von der Seele zu halten oder politische Statements zu implementieren, sondern ihren schwesterlichen Harmoniegesang zum Gegenstand ihrer Kunst zu machen. In Köln traten die Mädels – Paloma-kompatibel in luftige Elfen-Kleidchen gewandet - mit einer Bassistin und einer Harfenistin auf und kamen mit ihrem romantischen Harmonie-Pop und einigen sympathischen Versuchen der grenzübergreifenden Kontaktaufnahme mit dem Publikum denn auch bestens an. Auch das ist kein Wunder, denn das 100%ig weibliche, jugendliche Publikum hatte so etwas vermutlich ja auch noch nicht so oft gesehen.Paris Paloma trat dann – wie schon bei ihrem ersten Gastspiel auf dem letztjährigen Reeperbahn-Festival – im Trio Format mit einem Drummer und Bassisten (der aber zur Gitarre wechselte, wenn sie die ihre zur Seite legte) auf und arbeitete sich dann recht ökonomisch durch ihr Oeuvre. Das Produktionsvolumen der LP „Cacophony“ wurde dann teilweise eingespielt (wie etwa das A Capella Intro des Openers „My Mind (now) - ansonsten gefiel die musikalische Ausgestaltung durch eine effektive No-Nonsense-Auslegung und ein echtes Live-Feeling (beispielsweise gab es zum älteren Single-Titel „As Good A Reason“ eine kurze Impro-Phase und ein neu gedachtes Denouement). Viel sagen tat Paris - bis auf eine Begrüßung und ein paar Ansagen – nicht, brauchte das aber auch nicht zu tun, da sie ihren Fans ja nun wirklich nichts erklären musste, auch weil sie im Vorfeld schon auf Insta darum gebeten hatte, dass die Fans die LP intensiv studieren sollten, damit sie textsicher mitsingen könnten – was dann auch geschah. Das vergleichsweise kurze Set bestand dann aus 11 Songs mit den Musikern und einer Solo-Version des Stückes „Triassic Love Song“ (dessen Harmonien dann noch mal mit dem Publikum einstudiert wurden). Ab und an bekam Paris einen Stoff-Elfenfrosch oder ähnliches aus dem Publikum gereicht und der nicht auf der LP enthaltene Track „The Fruits“ musste neu gestartet werden, weil es im Publikum einen Vorfall gab (so manche junge Damen musste nämlich von den Sanitätern aus der stickigen Halle getragen werden). Den Song „Labour“ hob sich Paris dann bis zur Zugabe auf – was sicherlich keine schlechte Idee war, denn für diesen Song waren die Fans ja gekommen – und blieben demzufolge bis zum Schluss.
Rein musikalisch gab es denn auch gar nichts auszusetzen, obwohl jetzt nun wirklich keine „Wow“-Momente auf dem Programm standen – aber darum ging es ja auch nicht wirklich. Für ihre Fans ist Paris Paloma selbst ja ein einziger Wow-Moment.
https://www.instagram.com/parispaloma/