Ihr herzzerreißend leidenschaftlicher Indie-Folk katapultiert Julien Baker daheim in den USA gerade in die ganz großen Säle, beim beeindruckenden Auftritt in München hat das Publikum im rappelvollen Ampere dagegen noch einmal die Chance, aus allernächster Nähe mitzuerleben, wie schnell sich die 22-Jährige aus Memphis entwickelt und dabei immer selbstsicherer und nicht nur ob der durch den Saal tanzenden Seifenblasen auch merklich lockerer wird. Erstmals mit Geigerin Camille Faulkner, schraubt sie behutsam, aber doch unüberhörbar an den Arrangements und gestaltet auch ihre alten Lieder luftiger, ohne ihnen den melancholischen Kern zu rauben. Fast unmerklich schleicht sich so alternatives Zeitgeist-Pop-Flair der Marke Phoebe Bridgers ein: Bei ´Sprained Ankle´ lädt sie mit atmosphärischen Bass- und Klaviersamples eine kleine Band aus dem Off ein und experimentiert mit wortloser Vokalisierung, ´Sour Breath´ hat mit verhallten Drums und Bass aus dem Sampler sogar echtes Bandfeeling. Doch auch ´Televangelist´ oder ´Hurt Less´, für die sie von der Gitarre ans Keyboard wechselt, blühen richtig auf und klingen nun viel lebendiger, ja epischer als in den vergleichsweise skizzenhaften Studioversionen. Das brandneue, ungewohnt countryeske ´Mercy´ ist derweil textlich typisch Julien, kompositorisch aber spürbar ausformulierter – ausgiebiges Geigensolo inklusive. Trotz alledem verliert sie aber auch in München nie das aus den Augen, was sie von Anfang an auszeichnet: die perfekte Balance zwischen Zerbrechlichkeit und Energie, niederschmetternder Düsterkeit und erhebender Stärke.
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