Es ist kaum in Worte zu fassen, wie hinreißend der Auftritt von Julien Baker in der seit Monaten restlos ausverkauften Pension Schmidt an diesem heißen Sommerabend ist. Schien die amerikanische Singer/Songwriterin bei ihrer letztjährigen Debüt-Tournee durch Europa bisweilen noch von der unsagbaren Tristesse ihrer autobiografischen Lieder überwältigt, fühlt sich die 21-Jährige nun merklich wohler bei dem, was sie tut. Nachdem Lauren Denitzio schüchtern, aber begeisternd den ultraeingängigen, zum Nachdenken anregenden Punkrock-Songs ihrer Band Worriers solo neue Seiten abgewonnen hat, nähert sich Baker mit kleinen Gesten und mehr Kontakt zum Publikum in kleinsten Schritten so etwas wie einer Performance und interpretiert die bittersüßen Lieder ihres fabelhaften Erstlings ´Sprained Ankle´ mit neu gewonnener Souveränität dezent anders. Damit schafft sie trotz der tieftraurigen Texte voller Verletzlichkeit und Stärke nur mit Stimme, Stromgitarre und einigen zaghaften Loops eine erhebende Atmosphäre, in der sich das wie gebannt lauschende Publikum vollends verlieren kann. Für Gänsehaut sorgen aber nicht nur alte Highlights wie das ergreifende ´Rejoice´ oder das brillant adaptierte Audioslave-Cover ´Doesn´t Remind Me´, sondern auch die verheißungsvollen Ausblicke auf die Ende Oktober erscheinende zweite LP: Die durch Mark und Bein gehende Ballade ´Claws´ spielt Baker am hauseigenen Klavier, bis ihre Stimme beim flehentlichen „I want you to stay“-Finale fast bricht, beim Crescendo des ungeahnt wuchtigen ´Turn Out The Lights´ schreit sie – ein neues Stilmittel für sie – den Refrain geradezu heraus. Das ist herzzerreißend!
Weitere Infos: facebook.com/julienrbaker