Obwohl das Roskilde Festival nicht unbedingt auf Headliner, sondern auf ein Gesamtkonzept setzt, geht es um Musik. Und damit um Bandnamen, diesmal auch um die ganz großen. Allen voran Bruce Springsteen & The E Streetband, die am Samstagabend die Hauptbühne, die berühmte Orange-Stage entern. Drei Stunden lang spielen ´The Boss´ und seine Kumpane, als würde man ihnen nach der Show lebenslang die Instrumente wegnehmen. Eine solche Spielfreude und eine solche Hitdichte im Set, das ist auch für jemanden, der von Konzert zu Konzert pilgert, mehr als außergewöhnlich. So verwundert es nicht, dass sich cirka 83.000 Menschen vor der Bühne versammeln. The Roots, die vorher spielen haben das wartende Volk so intensiv auf Bruce Springsteen vorbereitet, dass dieser sich revanchiert und die Truppe kurzerhand zu einer gemeinsamen Session zurück auf die Bühne ruft. Doch schnell zwei Tage zurückgedreht; denn da gibt es abends The Cure. Nach kurzem Zuhören, wünsche ich mir, ich hätte diese Band in den 1980er-Jahren zu ihren Hochzeiten gesehen. Robert Smith mit seinen schlecht toupierten Haaren und einem noch schlechteren roten Lippenstift steht da aufgedunsen und ein wenig lustlos auf der Bühne. Oder ist es eher Hilflosigkeit? Freitag ist Großkampftag. Mit Gossip geht das Starhopping los. Spätestens beim vierten Lied wird klar, dass der Hype um diese Band weniger mit ihrer Musik, als mit den medienwirksamen Auftritten der Frontfrau Beth Ditto zu tun hat. Als nächstes stehen The Cult auf der Liste. Nach einer Schaffenspause zeigt sich die Truppe sowohl in musikalischer als auch in textlicher Hinsicht schön kantig und roh. Ihre Melodien waren nie süffiger. Auf der Odeon-Stage warten The Vaccines, eine Band, die in Deutschland sträflich unterbewertet wird. Drei Minuten und dreißig Sekunden müssen reichen. Was ist in dieser Zeit nicht gesagt werden kann, ist es nicht wert gesagt zu werden. Und zu den immer schön reibeisenstimmlichen Gesängen von Justin Young bratzt die Gitarre von Freddie Cowan. Perfekte Popsongs. Mehr geht nicht. Jack White steht als nächster auf dem Programm. Damit stellt sich die Frage, wer steht mit ihm auf der Bühne? Die Mädelsband oder die Jungstruppe? Er entscheidet sich für die Frauen und zeigt das gesamte Konzert über in bester Spiellaune und beweist mit seinem Set, warum er gern als musikalischer Erneuerer abgefeiert wird. Natürlich beschließt er sein Gastspiel mit dem unvergleichlich eingängigen „Seven Nation Army.“ Für den großen Festivalabschluss sorgt Björk. Eine ganze Reihe Festivalauftritte hat sie abgesagt. Roskilde natürlich nicht. Ausgestattet mit mehrfarbiger Perücke und einem schwarzen Kleid, das aussieht, als schlängelten sich tausende Riesenwürmer um ihren Körper, lässt die isländische Art-Rockerin Lady Gaga wie eine drittklassige Kopiererin aussehen. Ihr sphärischer Klangcocktail und ihre Stimme zeigen die explodierende Gefühlswelt der Isländerin. In jedem ihrer Stücke erfolgt diese Explosion in neuen, ungeahnten Formen. Die Aufführung hat vielerlei Facetten, fröhliche, punkige und absolut verwirrende. Ein würdiger Abschluss.