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MELANCHOLIA

Concorde

Wenn Lars von Triers Verarbeitung seiner Depressionen weiterhin so geniale Filme zustande bringt, dann kann man ihm fast schon wünschen, dass er nie wieder gesund wird. Schon in Antichrist überzeugte er mit düsteren Einblicken in das geschundene Seelenleben seiner Protagonisten, die den Verlust ihres Kindes zu überwinden suchten. Handelte sich es in jenem Film noch um eine intime Therapiemaßnahme eines Elternpaares in einem einsamen Waldgebiet, bleibt in Melancholia keine Menschenhaut verschont. In Gestalt eines mysteriösen Planeten rast 'Melancholia' unermüdlich auf die Erde zu, was fast schon schicksalhaft in einer Katas-trophe mündet. Trier selbst bezeichnet diesen Ausgang als Happy End, dessen Bewusstsein dem Zuschauer ähnlich dem bei Titanik nicht die Spannung nimmt, sondern den Fokus der Aufmerksamkeit auf den Spannungsbogen und die Gefühlswelt der Figuren lenkt. Eingeleitet wird der Film mit einer Ouvertüre Wagners die, wie schon bei Antichrist, der dramatischen Exposition eine romantisch-liebliche Note verleiht. Die Handlung ist zweigeteilt. Jeder Teil trägt den Namen einer der zwei Schwestern, deren Schicksale im Film porträtiert werden. Teil eins dreht sich um die depressive Justine (Kirsten Dunst), die sich einem aufkommenden Schub mit der Pflege gesellschaftlicher Rituale entgegenstellen will. Eine minuziös inszenierte Hochzeit auf dem prächtigen Anwesen ihres Schwagers (Kiefer Sutherland) scheint dafür das richtige Mittel zu sein. Schnell wird jedoch klar, dass die oberflächlich zelebrierte Glückseligkeit ihr Ziel verfehlt und Justine der Dunkelheit nicht ausweichen kann, trotz der aufopfernden Fürsorge von Claire (Charlotte Gainsbourg). Diese wiederum hilft im zweiten Teil des Films ihrer Schwester wieder auf die Beine zu kommen, während ihre mentale Stärke durch die drohenden Kollision ins Schwanken gerät. Justine hingegen sehnt sich die Endzeitandrohung gelassen herbei. Kirsten Dunst hebt sich durch ihre Darbietung auf eine neue Ebene, die ihr sowohl von Triers Respekt, als auch die goldene Palme in Cannes einbrachte. Der Regisseur selbst verhinderte durch seinen Nazi-Eklat auf der dortigen Pressekonferenz eine weitere Auszeichnung für den Film, erhielt aber den so ersehnten Schandfleck auf den - für ihn quälend - schönen Film.

DK/ SE/ FR/ DE 2011, Regie: Lars von Trier

Darsteller: Kirsten Dunst, Charlotte Gainsbourg, Kiefer Sutherland, u.a.

Kinostart: 06.10.2011
Weitere Infos: www.melancholia-derfilm.de


Oktober 2011
CIRKUS COLUMBIA
DIE HAUT, IN DER ICH WOHNE
MELANCHOLIA
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